Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der einheitlichen Rente von mehreren zeitlich hinter-einander geschalteten Renten zwecks Ertragsanteilsbestimmung
Leitsatz (redaktionell)
Wird die Berufsunfähigkeitsrente ohne Befristung bewilligt, handelt es sich um eine einheitliche Rente, so dass der Ertragsanteil auf der Grundlage der voraussichtlichen Laufzeit und nicht für jeden Veranlagungszeitraum neu zu ermitteln ist. Es handelt sich selbst dann nicht um mehrere zeitlich hintereinander geschaltete Renten, wenn die Versicherung ihre Leistungspflicht nur vorläufig anerkennt und regelmäßige medizinische Untersuchungen fordert. Dies gilt jedenfalls solange, wie die Rente aufgrund der medizinischen Untersuchung nicht neu festgesetzt wird.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 Sätze 3, 3 lit. a, Nr. 1 S. 3 lit. a S. 2, Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Ertragsanteils einer Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente) streitig.
Der am 5. Januar 1942 geborene Kläger schloß 1978 bei der Al eine Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit einer BU-Zusatzversicherung ab. Die Versicherung läuft am 1. Juni 2007 ab. Nach den „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung” erklärt die Versicherungsnehmerin nach Prüfung der Unterlagen, ob, in welchem Umfang und von welchem Zeitpunkt ab sie eine Leistung anerkennt (§ 5). Nach § 7 Abs. 1 ist die Versicherung berechtigt, den Grad der BU nachzuprüfen. Hat sich der Grad der BU gemindert, kann sie die Rente neu festsetzen, Abs. 2. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bedingungen Bezug genommen.
1984 wurde der Kläger zu 100 % berufsunfähig. Seit dem 1. Oktober 1984 erhält er von der A. eine BU-Rente. Die Rente beruht auf dem Bescheid vom 11. Juni 1985, wonach die Versicherung ihre Leistungspflicht aus der Zusatzversicherung vorläufig zu 100 %, längstens bis zu einem evtl. vorzeitigen Eintritt des Versicherungsfalles zur Hauptversicherung, anerkennt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen Bescheid Bezug genommen.
Die Höhe der Rente wird regelmäßig überprüft. So hat die A. z.B. am 18. März 1997 geschrieben: „Die Prüfung der Leistungspflicht ist abgeschlossen. Wir erkennen weiterhin zu 100 % an.” Ein ähnliches Schreiben datiert vom 22. Januar 1992. Nach den Angaben des Klägers findet ca. alle 4 Jahre eine medizinische Untersuchung statt, nach der die Versicherung entscheidet, ob die Leistungen in der bisherigen Höhe weiterhin erbracht werden.
Der Beklagte setzte in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden für 1991, 1992 und 1995 den Ertragsanteil der Rente jeweils mit 34 % an, da er von einer 22-jährigen Laufzeit ausgeht. Die gegen die Bescheide eingelegten Einsprüche wies er in diesem Punkt als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen vom 19. November 1998 Bezug genommen.
Mit der Klage tragen die Kläger vor:
Die Rente werde nach Überprüfung jeweils neu festgesetzt. Sie laufe deshalb nicht 22 Jahre. Die Laufzeit sei vielmehr jedes Jahr neu zu schätzen.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer 1991, 1992 und 1995 unter Änderung der angefochtenen Bescheide und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass der Ertragsanteil der Berufsunfähigkeitsrente für 1991 mit 7 %, für 1992 und 1995 mit jeweils 9 % angesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Der Beklagte hat zu Recht den Ertragsanteil der BU-Rente mit 34 % angesetzt.
Die vom Kläger bezogene Berufsunfähigkeitsrente ist eine Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Der „Ertragsanteil des Rentenrechts (Ertragsanteil)” sind die Einkünfte, die erzielt werden durch zeitlich gestreckte Auszahlung eines verzinslichen Kapitals während der Lebenszeit oder einer bestimmten Zeit einer Bezugsperson. Die „voraussichtliche Laufzeit” (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Satz 2 EStG) entspricht der von dem Versicherungsträger festgelegten Dauer der „Rente auf Zeit” (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 22. Januar 1991 X R 97/89, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1991, 668). Wird die Rente endgültig für einen bestimmten Zeitraum bewilligt, ist dies die voraussichtliche Laufzeit, an Hand derer der Ertragsanteil mittels der Ertragswerttabelle ermittelt wird. Nur bei zeitlicher Aufeinanderfolge mehrerer Renten auf Zeit ist – bei gleichbleibendem Rentenbeginn – die voraussichtliche Laufdauer der Rente unter Berücksichtigung der jeweiligen Verlängerung für jeden Veranlagungszeitraum neu zu bestimmen.
Entgegen der Auffassung der Kläger liegen im Streitfall nicht mehrere zei...