Entscheidungsstichwort (Thema)
Mangels anderweitiger Tilgungsbestimmung erfolgen Zahlungen im Zweifel auf eine bestehende Zinsschuld
Leitsatz (redaktionell)
Ob es sich bei Zahlungen um Rückzahlungen von Kapital oder die Auszahlung von Zinsen handelt, ist - auch bei nichtigen Darlehensverträgen - im Zweifel nach § 367 Abs. 1 BGB zu entscheiden.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB §§ 366, 367 Abs. 1; EStG § 20 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger für das Streitjahr 1992 nach Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung zu Recht die Differenz zwischen 12.500 DM und 35.000 DM als Einnahmen aus Kapitalvermögen zugerechnet hat.
Der Kläger betrieb seit geraumer Zeit ein Reisegewerbe (…) und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aufgrund des von ihm angegebenen Gewinns in Höhe von 5.185,05 DM erließ der Beklagte am 12.03.1993 für 1992 einen Nichtveranlagungsbescheid.
Anläßlich einer bei ihm von der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt L durchgeführten Steuerfahndungsprüfung im September 1997 wurde festgestellt, dass der Kläger zusammen mit einem S am 21.02.1992 dem A ein Darlehen in Höhe von 62.000,00 DM gewährt hatte. Davon entfielen auf S 32.000,00 DM, auf den Kläger 30.000,00 DM. Diesen Betrag hatte der Kläger am 20.02.1992 als Darlehen bei der … aufgenommen. Den Gepflogenheiten des A entsprechend hatte das mündlich vereinbarte Darlehen eine Laufzeit von drei Monaten. Am 01.06.1992 sollte an S und den Kläger ein Betrag von 137.000,00 DM zurückgezahlt werden (Darlehenssumme – 62.000,00 DM – zuzüglich Zinsen – 75.000,00 DM –). Weitere Vereinbarungen – etwa über Sicherheiten oder Prolongation – wurden nicht getroffen.
Tatsächlich wurde am 09.06.1992 nur ein Betrag von 87.000,00 DM an den Kläger zurückgezahlt. Hiervon erhielten S 44.500 DM und der Kläger 42.500 DM.
Von dem noch ausstehenden versprochenen Betrag in Höhe von insgesamt 50.000,00 DM sollte die Hälfte S zukommen. Der Kläger schloss über dem ihm zustehenden Anteil in Höhe von 25.000,00 DM mit den Eheleuten A als Darlehensnehmer einen schriftlichen Darlehensvertrag, der auf den 01.06.1992 datiert war. Dieses Darlehen sollte bis Ende 1993 fest mit 10% verzinst werden, danach mit mindestens 8 %. Die Rückzahlung sollte zum 31.12.1997 erfolgen, was tatsächlich aber nicht geschah.
Über den versprochenen Gesamtbetrag von 137.000,00 DM stellte A eine sog. weiße Quittung aus, die auf den 09.06.1992 datiert und vom Kläger unterschrieben war.
Die Steuerfahndung vertrat in ihrem Bericht vom 22.09.1992 die Auffassung, dass dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur der tatsächlich ausgezahlte Zinsbetrag von 12.500,00 DM, sondern weitere Zinsen in Höhe von 25.000,00 DM zugeflossen seien. Die erneute Gewährung eines Darlehens in Höhe von 25.000,00 DM habe auf dem freien Willensentschluss der Klägers beruht. Das Geld hätte er auch in anderer Weise verwenden können. Im eigenen Interesse habe er es aber im Hinblick auf die zugesagte hohe Verzinsung erneut angelegt. Die Fälle zahlreicher anderer Gläubiger belegten, dass A seine Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber anderen Darlehensgebern noch bis zum 15.07.1992 erfüllt habe. Selbst wenn man annehme, dass am 09.06.1992 nur 112.000,00 DM zurückgezahlt worden seien und über den Restbetrag ein neuer Darlehensvertrag geschlossen worden sei, ändere das nichts an dem Zufluss von Zinsen aus dem ersten Darlehen. Denn in dieser Handhabung sei lediglich eine Abkürzung des Zahlungsweges zu sehen. Durch Wiederanlage sei der Anspruch auf Zahlung der Zinsen in eine Darlehensforderung umgewandelt worden. In dieser Novation liege der Zufluss von Zinsen.
Auf der Grundlage der Feststellungen der Steuerfahndung setzte der Beklagte in nicht festsetzungsverjährter Frist mit Bescheid vom 19.10.1999 ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 39.378,00 DM (Einkünfte aus Gewerbebetrieb = 5.186,00 DM, Einkünfte aus Kapitalvermögen = 34.300,00 DM) die Einkommensteuer auf 7.897,00 DM fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 26.10.1999 Einspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, die Rückzahlung des zugesagten Betrages in Höhe von 137.000 DM sei weder am 01. noch am 09.06.1992 erfolgt. Es sei bekannt, dass A Beträge, über die er eine sog. weiße Quittung ausgestellt habe, nicht ausgezahlt habe. Tatsächliche Auszahlungen seien mit sog. roten Quittungen belegt worden. Ausweislich einer solchen roten Quittung habe A am 09.06.1992 an S und den Kläger 87.000,00 DM ausgezahlt. Dieser Betrag sei zwischen beiden wie folgt aufgeteilt worden:
S: |
32.000 DM Kapitalrückzahlung, |
|
12.500 DM Zinsen, |
Kläger: |
30.000 DM Kapitalrückzahlung, |
|
12.500 DM Zinsen. |
Das Geld hätten sie aber nur auf Drängen und Drohen des Klägers erhalten. Dass er nicht mehr bekomme, weil nicht mehr da sei, sei ihm bereits am 01.06.1992 mitgeteilt worden. Den als „Trostpflaster” gedachten Darlehensvertrag mit d...