Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsaustausch zwischen gemeindeeigenem Erschließungsträger in der Rechtsform einer GmbH und der Gemeinde
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein gemeindeeigener Erschließungsträger in der Rechtsform einer GmbH, der sich gegenüber der Gemeinde durch Erschließungsvertrag zur Herstellung öffentlicher Erschließungsanlagen i.S. des § 127 Abs. 2 BauGB auf eigenen Grundstücken verpflichtet, ohne dass die Gemeinde den Erschließungsaufwand übernimmt, ohne dass die Gemeinde Erschließungsbeiträge erhebt, ohne dass die Erschließungsflächen und Erschließungsanlagen an die Gemeinde übertragen werden und ohne Widmung für den öffentlichen Verkehr, kann die auf den Erschließungsmaßnahmen beruhende Vorsteuer abziehen, wenn die Grundstücke nach Erschließung steuerpflichtig an private Investoren veräußert werden.
2) Der Erschließungsträger erbringt gegenüber der Gemeinde jedoch zugleich eine umsatzsteuerpflichtige Dienstleistung in Gestalt der Übernahme der Verpflichtung zur Erbringung der entsprechenden Erschließungsmaßnahmen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; BauGB § 4 Nr. 9a; UStG § 9 Abs. 2; BauGB § 124 Abs. 1, § 127 Abs. 2; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin der Vorsteuerabzug aus den von ihr in den Streitjahren durchgeführten Erschließungsmaßnahmen im Bereich des Gewerbegebiets „IK” in L-Stadt zusteht.
Die Klägerin wurde im Jahre 1994 unter der Firma B-GmbH der Gemeinde L-Stadt gegründet.
Alleingesellschafter der Klägerin war die Gemeinde L-Stadt.
Gemäß § 2 des der Gründung zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrages ist Unternehmensgegenstand der Klägerin die Errichtung, der Bau, die Betreuung, die Bewirtschaftung und Verwaltung von Bauten in allen Rechts- und Nutzungsformen, darunter Eigenheime und Eigentumswohnungen. Das Unternehmen soll außerdem im Bereich der Wohnungswirtschaft, des Städtebaus und der Infrastruktur anfallende Aufgaben übernehmen, Grundstücke erwerben, belasten und veräußern sowie Erbbaurechte ausgeben.
Die Klägerin wurde am …1994 ins Handelsregister eingetragen. Ausweislich des Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts W-Stadt zum Aktz.: HR … soll auch der Erwerb, die Erschließung und die Veräußerung von Grundstücken zu dem Zweck, das Angebot für Gewerbebetriebe im Gebiet der Gemeinde L-Stadt zu verbessern, Unternehmensgegenstand der Klägerin sein.
Am …1998 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft betreffend die Erschließung eines Gewerbegebiets mit u.a. folgendem Inhalt:
„Die B-GMBH beabsichtigt ernsthaft, mit der Gemeinde L-Stadt einen Erschließungsvertrag abzuschließen, der im wesentlichen Folgendes zum Inhalt hat:
Die Gemeinde überträgt der B-GMBH als Erschließungsträger gemäß § 124 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) die Erschließung eines Gewerbegebietes. Die B-GMBH verpflichtet sich, die Erschließungsanlagen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu erstellen. Der B-GMBH obliegt die Herstellung folgender Erschließungsanlagen:
öffentliche Erschließungsanlagen im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB
- die zum Anbau bestimmten Straßen, Fußwege einschließlich Entwässerung, Beleuchtung und Begleitgrün,
- die Ausgleichsmaßnahmen,
- öffentliche Grünflächen,
die leitungsgebundenen Einrichtungen
- öffentliche Kanalisation einschließlich der Grundstücksanschlüsse
- öffentliche Wasserleitungen einschließlich der Grundstücksanschlüsse und der Einrichtungen für die Löschwasserversorgung
- die Freilegung der öffentlichen Erschließungsflächen.
Soweit die Erschließung nicht Aufgabe der Gemeinde ist, veranlasst die B-GMBH die Herstellung der erforderlichen Einrichtungen durch den zuständigen Träger.
Die vorstehenden Maßnahmen führt die B-GMBH auf eigenen Grundstücken durch.
Die Erschließungsanlagen (öffentliche Straßen, Fußwege, etc.) und weiteren Erschließungsanlagen (Kanalisation, Wasserleitung) werden unentgeltlich an die Gemeinde L-Stadt übertragen. Die Gemeinde wird einen Erschließungsbeitrag nach § 127 BauGB nicht erheben. Gesonderte Kanalanschlussbeiträge für die Grundstücke im Erschließungsgebiet werden von der Gemeinde nicht festgesetzt.
Die erschlossenen Grundstücke wird die B-GMBH unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 a UStG i. V. m. § 9 Abs. 2 UStG steuerpflichtig an fremde Unternehmer veräußern. In die Veräußerungspreise fließen die Kosten für die o.g. Erschließungsanlagen mit ein.
Teilen Sie unsere Auffassung, dass die Übertragung der o.g. Erschließungsanlagen an die Gemeine weder den Tatbestand des Eigenverbrauchs erfüllt noch zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs führt?”
Mit Schreiben vom 18.05.1998 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach seiner Auffassung der beabsichtigte Erschließungsaufwand unteilbar mit den Grundstücksflächen verbunden sei, die der Gemeinde übertragen werden sollten. Für diesen Bereich handele es sich um hoheitliche Aufgaben des Empfängers, so dass für das erforderliche Grundstücksgeschäft eine Optionsmöglichk...