Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum rückwirkenden In-Kraft-Treten des § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002
Leitsatz (redaktionell)
1) Das rückwirkende In-Kraft-Treten des § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 zum 1. Januar 1999 ist jedenfalls insoweit verfassungsgemäß, als hiervon Veräußerungsvorgänge erfasst werden, die zu einem Zeitpunkt vereinbart wurden, in dem die beabsichtigte Gesetzesänderung bekannt war.
2) Die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltende Regelung des § 34 Abs. 1 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Neuregelung des § 34 EStG i.d.F. des StSenkErgG rückwirkend auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 zu erstrecken.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 34 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002.
Der Kläger, Jahrgang 0000, und seine Ehefrau, Jahrgang 0000, betrieben seit 0000 bzw. 0000 jeweils getrennt einen …großhandel und einen …einzelhandel auf demselben Betriebsgelände.
Seit 1997 bemühten sich die Kläger darum einen Nachfolger für ihre Unternehmen zu finden, was ihnen im Juli 1998 gelang.
Mit Datum vom 30.11.1998 schlossen die Kläger einen handschriftlichen Vertrag, auf den verwiesen wird, über den Verkauf ihrer beiden Unternehmen, mit der Maßgabe, dass „der Zeitpunkt der Übergabe bzw. des Notartermins schnellstmöglich erfolgen” sollte.
Wegen gesundheitlicher Probleme des Klägers und einem größeren Wasserschaden im Betriebsgebäude konnten die notariellen Kaufverträge, auf die verwiesen wird, erst am 05.02.1999 notariell beurkundet werden. Die Übergabe der beiden Betriebe erfolgte dann – wie im notariellen Vertrag vereinbart – zum 31.03.1999.
Mit Gewinnfeststellungsbescheid 1999 vom 21.12.2000 stellte das für die beiden Betriebe zuständige Feststellungsfinanzamt W entsprechend seiner Auffassung, dass die Betriebsaufgabe entgegen der Ansicht der Kläger nicht im Jahre 1998 sondern im Jahre 1999 stattfand, für den Kläger einen steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 955.577,– DM und mit geändertem Gewinnfeststellungsbescheid 1999 vom 12.04.2001 für die Klägerin einen steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 294.601,– DM fest. Der laufende Gewinn für die Zeit vom 01.01.1999 bis zur Betriebsübergabe am 31.03.1999 wurde für die Klägerin in Höhe von 42.410,– DM und für den Kläger in Höhe von 13.250,– DM festgestellt. Diese Gewinnfeststellungsbescheide sind nach erfolglosem Einspruchsverfahren inzwischen bestandskräftig.
Das Finanzamt F unterwarf als Wohnsitzfinanzamt die Aufgabegewinne der sogenannten 1/5-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung und setzte die Einkommensteuer 1999 mit Bescheid vom 21.9.2000 auf 553.494,00 DM fest. Hiergegen wandten sich die Kläger mit der Begründung, aus verfassungsrechtlichen Gründen seien die Aufgabegewinne dem halben durchschnittlichen Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG in der im Jahre 1998 geltenden Fassung zu unterwerfen.
Nach erfolglos geführtem Einspruchsverfahren begehren die Kläger mit ihrer Klage gegen die letztmals aus hier nicht streitigen Gründen mit Bescheid vom 18.6.2004 geänderte Einkommensteuerfestsetzung 1999 weiterhin die Veräußerungsgewinne mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz und nicht nach der sogenannten 1/5-Methode zu versteuern. Sie tragen vor, das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 sei, da es sämtliche Veräußerungs- und Aufgabesachverhalte betreffe, die zwischen dem 01.01.1999 und 31.12.2000 erfolgt seien, formal zwar auf die Veräußerung ihrer Unternehmen anwendbar. Allerdings sei § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung verfassungswidrig, da durch die Rückbeziehung des am 24.3.1999 beschlossenen Gesetzes auf den 1.1.1999 bereits abgeschlossene Sachverhalte von der Neuregelung erfasst würden. Sie, die Kläger, hätten bereits mit Abschluss des handschriftlichen Übertragungsvertrags vom 30.11.1998 die wirtschaftliche Disposition, ihr Unternehmen zum 31.12.1998 auf den Erwerber zu übertragen, getroffen. Hierzu sei es in der Folgezeit wegen einer Erkrankung des Klägers und dem Eintritt des Wasserschadens nicht gekommen. Ohne diese Zwischenfälle wären die Unternehmen noch im Jahre 1998 übertragen worden und sie, die Kläger, hätten ohne Zweifel von der Anwendung des halben durchschnittlichen Steuersatzes auf die Veräußerungsgewinne profitiert.
Aus ihrer Sicht habe auch kein Grund zur Eile bestanden, da noch im Dezember 1998 für sie nicht absehbar gewesen sei, dass sich die steuerlichen Vorschriften zu ihrem Nachteil ändern würden. Hätten sie dies geahnt, hätten sie in jedem Fall die Unternehmensübergabe noch im Jahre 1998 vollzogen. Für die Erwerber hätte die Vorverlagerung des Übernahmezeitpunktes keine Rol...