Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Einkommensteuererstattungen an einen lohnsteuerpflichtigen Ehegatten nach Aufhebung der Zusammenveranlagung mit dem freiberuflich tätigen anderen Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Steuererstattungsbetrags wegen späteren Wegfalls des Rechtsgrundes gem. § 37 Abs. 2 AO, weil nach der Zusammenveranlagung die getrennte Veranlagung gewählt wurde, trifft auch einen Ehegatten, auf dessen Girokonto der Steuererstattungsbetrag nicht geleistet worden ist, weil es sich um ein Geschäftskonto des anderen Ehegatten gehandelt hat. Denn in diesem Fall, in dem beide Ehegatten vor Aufhebung der Zusammenveranlagung erstattungsberechtigt waren, liegen Leistungen des Finanzamts an beide Ehegatten vor.
2) Betrifft die Erstattung solche Steuern, die dem Lohnsteuerabzug bei einem von beiden Ehegatten unterlegen hat, steht fest, dass die Steuern für Rechnung dieses Arbeitnehmers zurückbezahlt worden sind. Solange die Ehegattenzusammenveranlagung durchgeführt wird, steht der Erstattungsbetrag im Verhältnis der jeweils geleisteten Steuerabzugsbeträge den Ehegatten anteilig zu. Hierzu entsprechend sind die Rückforderungsbeträge zu bemessen, wenn die Zusammenveranlagung rückwirkend entfällt.
3) Wegen Anhängigkeit der entscheidungserheblichen Rechtsfrage beim BFH (VII R 37/08) wird die Revision zugelassen.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2; EStG § 36 Abs. 4 S. 3; AO § 37 Abs. 2
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen VII R 46/09) |
Tatbestand
Die Klägerin ist als Oberregierungsrätin im öffentlichen Dienst tätig. Sie erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Der Ehemann der Klägerin ist von Beruf Notar. Er erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sowie ebenfalls aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Die Eheleute leben derzeit getrennt.
Für die Streitjahre (1996 bis 1998) wurden zunächst Zusammenveranlagungen für die Klägerin und für ihren Ehemann durchgeführt. Nach einer Außenprüfung ergingen geänderte Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre (Bescheide vom 18.5.2006). Aufgrund dieser Änderungen ergaben sich durch Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen Erstattungen für die Streitjahre in Höhe von insgesamt … EUR. Dieser Betrag wurde auf das Konto … bei der Kreissparkasse A ausgezahlt. Hierbei handelte es sich um ein Konto des Klägers. In den Einkommensteuererklärungen, zuletzt für das Jahr 2000 (eingegangen beim Beklagten im Juli 2002), hatten die Eheleute diese Kontoverbindung angegeben.
Die Eheleute legten gegen die Änderungsbescheide Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens beantragten sie die getrennte Veranlagung. Darauf hob der Beklagte die Zusammenveranlagungsbescheide am 23.03.2007 auf und veranlagte die Klägerin und ihren Ehemann unter dem gleichen Datum getrennt.
Ebenfalls am 23.03.2007 erließ der Beklagte jeweils drei Rückforderungsbescheide über die für die Streitjahre erstatteten Steuerbeträge gemäß § 37 Abs. 2 AO gegen die Klägerin sowie gegen den Ehemann als Gesamtschuldner i.H.v. jeweils insgesamt … EUR. Zur Begründung führte er aus, die Erstattung sei unberechtigt, weil die Einkommensteuerbescheide vom 18.05.2006 mit Bescheid vom 23.03.2007 aufgehoben worden seien. Der zu Unrecht erstattete Betrag werde nach § 218 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 AO zurück gefordert.
Die Klägerin sowie ihr Ehemann legten gegen die Rückforderungsbescheide Einspruch ein. Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass die Rückforderungsbescheide deshalb aufzuheben seien, da der Beklagte gegenüber ihr nicht mit schuldbefreiender Wirkung geleistet habe und sie daher nicht Leistungsempfängerin im Sinne von § 37 Abs. 2 AO sei.
Die Einsprüche führten zu Abänderungen der Bescheide. In den Einspruchsentscheidungen teilte der Beklagte nunmehr die Rückforderungsbeträge zwischen den Eheleuten aufgrund der sich nach dem materiellen Steuerrecht ergebenden Erstattungsberechtigung, d.h. nach dem Verhältnis der auf die Ehegatten entfallenden Steuerabzugsbeträgen auf. Einen entsprechenden Hinweis hatte er zuvor nicht erteilt. Auf die Klägerin entfielen hiernach für die drei Streitjahre Rückforderungsbeträge von insgesamt … EUR. Auf den Inhalt der gegen die Klägerin ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11.10.2007 wird Bezug genommen. Die genaue Berechnung der Aufteilung der Rückforderungsbeträge ergibt sich aus der Rechtsbehelfsakte zur Rückforderung.
Am 08.05.2007 hatte der Beklagte einen großen Teil der Rückforderungsbeträge laut den Bescheiden vom 23.03.2007 mit einem Umsatzsteuerguthaben 1/2006 des Ehemanns der Klägerin im Wege der Umbuchung verrechnet. Diese Umbuchung machte er nach Ergehen der Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2007 gegenüber der Klägerin und gegenüber ihrem Ehemann rückgängig. Stattdessen nahm er am 13.11.2007 eine erneute Umbuchung des Umsatzsteuerguthabens des Ehemanns auf die nach dem Ergebnis der Einspruchsentschei...