rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Marktordnungsrecht. Verfassungsmäßigkeit der Abgabe wegen Überschreitung der Milchreferenzmenge

 

Leitsatz (redaktionell)

1. An der Verfassungsmäßigkeit der Milchabgabeverordnung (MilchAbgV) bestehen keine ernstlichen Zweifel.

2. Formelle und materielle Verfassungsmäßigkeit von § 12 MOG begegnen keinen ernstlichen Zweifeln.

3. Da Deutschland von der Möglichkeit, die Abgabe abweichend von den hinreichend bestimmten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen nach anderen Kriterien festzusetzen, keinen Gebrauch gemacht hat, bemisst sich die Abgabe wegen Referenzmengenüberschreitung des Erzeugers proportional zu den Referenzmengen des einzelnen Erzeugers.

 

Normenkette

MilchAbgV; MOG § 12 Abs. 2 S. 1, § 1 Abs. 2; EGV 1788/2003; EGV 595/2004; GG Art. 80 Abs. 1 S. 2, Art. 20; FGO § 69 Abs. 3, 2

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 3.609,00 e.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller lieferte in der Zeit vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2005 die in seinem landwirtschaftlichen Betrieb erzeugte Milchmenge von 945.322 kg (einschließlich Fettkorrektur) an die GmbH. Die Gesamtlieferung übertraf die ihm zugeteilte Anlieferungsreferenzmenge von 722.636 kg um 222.686 kg. Durch Saldierung erhielt der Antragsteller für den 12-Monats-Zeitraum eine zusätzliche Referenzmenge von 114.180 kg. Danach blieb eine Überlieferung von 108.506 kg.

Die Anmeldung für die Abgaben im Milchsektor der … für den 12-Monats-Zeitraum vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2005 ging am 19. Juli 2005 beim Antragsgegner ein. Darin erklärte die GmbH eine Referenzmengenüberschreitung von 7.794.102 kg, wofür ein Abgabebetrag i. H. v. 2.593.097,80 e entstand.

Mit Garantiemengenabrechnung vom 25. Juli 2005 teile die GmbH dem Antragsteller mit, dass diese aus seiner Überlieferung von 108.506 kg einen Betrag i. H. v. 36.099,95 e schulde.

Mit Schreiben vom 11. August 2005 legte der Antragsteller Einspruch gegen die Anmeldung der Molkerei vom 15. Juli 2005 ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte er aus, dass die Milchabgabeverordnung vom 09. August 2004 (BGBl I 2004, 2143, MilchAbgV) rechtswidrig sei, da die zugrunde liegende gesetzliche Vorschrift, der § 12 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG) verfassungswidrig sei und gegen Gemeinschaftsrecht verstoße.

Über den eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 15. September 2005 mit der Begründung ab, dass eine Unvereinbarkeit der MilchAbgV und des MOG mit dem Grundgesetz nicht erkennbar sei.

Mit am 11. Oktober 2005 bei Gericht eingegangenem Schreiben verfolgt der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter. Zur Begründung hat er unter Vorlage zweier Rechtsgutachten im Wesentlichen ausgeführt, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aufgrund gemeinschaftsrechtlicher und verfassungsrechtlicher Mängel bestünden. Im Hinblick auf das Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) sei der Bestimmtheitsgrundsatz im Sinne von Art. 80 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung – MilchAbgV) verletze den allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 GG. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Rechtsgutachten von Prof. Dr. Kadelbach vom 22. April 2002 und von Prof. Dr. Zimmermann von August 2005 vollinhaltlich Bezug genommen.

Die gemeinschaftsrechtlichen Mängel gründeten auf der Tatsache, dass der seit dem 29. September 2003 geltenden Verordnung (EG) 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (ABl. L 270/123 – VO 1788/2003 –) die lediglich als Ausführungsverordnung zu betrachten sei, durch die versehentliche Aufhebung von Art. 5 c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsamen Marktorganisationen für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148/13 – VO 804/68 –) die gemeinschaftsrechtliche Grundlage entzogen worden sei.

Darüber hinaus bestünden ernstliche Zweifel deswegen, weil§ 12 MOG aufgrund formeller Verfassungswidrigkeit nichtig sei. Die formelle Verfassungswidrigkeit beruhe darin, dass aufgrund der Neufassung des EU-Rechts über den Milchsektor ein Paradigmenwechsel eingetreten sei, der gerade auch wegen der nunmehr erdrosselnden Wirkung der Zusatzabgabe durch den nationalen Gesetzgeber habe nachvollzogen werden müssen.

Darüber hinaus beständen Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass des MOG und an der Verwaltungskompetenz für die Bundesfinanzverwaltung. Zudem sei § 12 MOG materiell verfassungswidrig, weil die nationalrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Sonderabgabe nicht vorlägen. Diese Mängel führten insgesamt zu einer Verletzung sowohl von Gemeinschaftsgrun...

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