Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerberichtigung durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter bei Vereinnahmung von Entgelten für vom Schuldner noch vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung bewirkte Leistungen. Sicherheitsleistung bei gerichtlicher Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob während der Zeit der vorläufigen starken Insolvenzverwaltung vereinnahmte Entgelte für Leistungen, die der Schuldner noch vor Anordnung der vorläufigen (schwachen) Verwaltung ausgeführt hatte, in den Voranmeldungszeiträumen ihrer Vereinnahmung durch (erneute) Berichtigung der Voranmeldungen zu versteuern sind.
2. Die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, wenn der Ausgang des Verfahrens ungewiss und die Durchsetzung der Steueransprüche bei einem Misserfolg der Klage aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gefährdet ist.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 7, § 2; UStAE Abschn. 17.1; InsO § 21 Abs. 2, § 55 Abs. 2, 4; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Sätze 2-3
Tenor
Die Vollziehung der mit den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen vom 14. September 2012 festgesetzten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Zeiträume 22. bis 31. Mai 2012, Juni 2012 und Juli 2012 wird in Höhe von 494,38 EUR (22. bis 31. Mai 2012), 9.795,45 EUR (Juni 2012) und 519,65 EUR (Juli 2012) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,00 EUR ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.080,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.)
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der … (nachfolgend GmbH bzw. Schuldnerin). Die Beteiligten gehen davon aus, dass die GmbH ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuert hat. Mit Beschluss vom 09. Mai 2012 bestellte das Amtsgericht den Antragsteller im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der GmbH zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit dessen Zustimmung wirksam sind (sog. schwache vorläufige Verwaltung). Mit Beschluss vom 22. Mai 2012 ordnete das Amtsgericht die vorläufige Verwaltung des Vermögens der Schuldnerin gemäß § 21 Abs. 2 Ziffer 2 1. Alt. der Insolvenzordnung – InsO – an (sog. starke vorläufige Verwaltung). Schließlich eröffnete es mit Beschluss vom 01. August 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Antragsteller zum Insolvenzverwalter.
Der Antragsteller vereinnahmte in der Zeit der starken vorläufigen Verwaltung (22. Mai bis 31. Juli 2012) Entgelte für Leistungen, die die Schuldnerin noch vor dessen Bestellung zum (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalter ausgeführt hatte. Diese Entgelte erklärte er mit den von ihm zunächst abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Zeiträume 22. bis 31. Mai, Juni und Juli 2012 nicht.
Mit Schriftsatz vom 14. September 2012 übersandte er dem Antragsgegner berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldungen für diese drei Voranmeldungszeiträume und – nachrichtlich – auch Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Zeiträume 01. bis 08. Mai und 09. bis 21. Mai 2012. Erläuternd führte er dazu aus, dass er mit diesen Voranmeldungen die Vorgaben des Urteils des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 09. Dezember 2010 (V R 22/10, BFH/NV 2011, 952) und Abschnitt 17.1 Abs. 12 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses – UStAE – umgesetzt habe. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum 09. bis 21. Mai 2012 habe er sämtliche bis zum 08. Mai 2012 noch nicht vereinnahmten Forderungen der Schuldnerin nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – berichtigt (erste Berichtigung). Zwangsläufig habe dann bei der Vereinnahmung des Entgelts im Zeitraum der starken vorläufigen Insolvenzverwaltung eine zweite Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu erfolgen. Mit den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Zeiträume 22. bis 31. Mai, Juni und Juli 2012 würden daher folgende Korrekturbeträge im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nacherklärt:
Voranmeldungszeitraum |
BMG |
Umsatzsteuer |
|
§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG |
|
22. bis 31 Mai 2012 |
2.602,00 EUR |
494,38 EUR |
Juni 2012 |
51.555,00 EUR |
9.795,45 EUR |
Juli 2012 |
2.735,00EUR |
519,65 EUR |
Mit weiterem Schriftsatz vom 14. September 2012 legte der Antragsteller Einspruch gegen die (mit den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen erfolgte) Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für den Monat Mai (22. bis 31. Mai 2012), Juni und Juli 2012 ein, über den nach Lage der Akten noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte er, die Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für den Monat Mai (22. bis 31. Mai), Juni und Juli 2012 in Höhe von 494,38 EUR, 9.795,45 EUR und 519,65 EUR auszusetzen. Zur Begründung führte er aus, er habe mit den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 09. Dezember 2010 umgesetzt, dem zufolge die Vereinnahmung des Entgelts von vor der Verfahrenseröffnung ausgeführten L...