Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuer ab 1.5.2005 für Geländewagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 Tonnen
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass nach der Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO mit Wirkung zum 01.05.2005 (Begriffsbestimmung „Kombinationskraftwagen” unter Berücksichtigung einer relevanten Gewichtsgrenze von 2,8 t) bei der kraftfahrzeugsteuerlichen Abgrenzung von PKW und LKW auch die verkehrsrechtlichen Bestimmungen berücksichtigt werden müssen, die durch das europäische Gemeinschaftsrecht gesetzt worden sind und durch die Bekanntmachung des Verzeichnisses zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern (VkBl. 2005, 197) ab 01. Oktober 2005 auch im nationalen Bereich anzuwenden sind.
2. Ein von Toyota hergestellter, erstmals 1992 zugelassener Geländewagen mit ursprünglich fünf Sitzplätzen, der seit einem Umbau außer dem Fahrersitz nur noch über einen weiteren Sitzplatz verfügt (Fahrzeugart LKW geschlossener Kasten, Antriebsart Diesel, zulässiges Gesamtgewicht 2.960 kg, Leergewicht 2415 kg, Hubraum 4164 ccm) ist kein Fahrzeug der Klasse M 1 i.S. von Anhang II der Richtlinie 2001/116/EG vom 20.12.2001 (ABl. EG L 18/1 vom 21.01.2002, S. 39) und daher auch ab dem 1.5.2005 nicht als PKW, sondern als LKW zu besteuern.
Normenkette
KraftStG § 8 Nrn. 1-2, § 9 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 2 Abs. 2 S. 1; Richtlinie 2001/116/EG Art. 4 Anhang II; StVZO § 23 Abs. 6a; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; Richtlinie 70/156/EWG
Nachgehend
Tenor
Die Vollziehung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 06. Oktober 2005 wird für die Zeit vom 01. Mai 2005 bis 03. August 2006 i. H. v. 364,69 EUR und für die Zeit ab 04. August 2006 i. H. v. 1.405,69 EUR jährlich bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ausgesetzt.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 17 v. H. der Antragstellerin und zu 83 v. H. dem Antragsgegner auferlegt.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 1.000,00 e.
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Besteuerung des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … als Personenkraftwagen (§ 8 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes – KraftStG –) streitig.
Die Antragstellerin ist Halterin eines Kraftfahrzeuges des Herstellers Toyota (Geländewagen), das erstmals am 02. April 1992 zum Verkehr zugelassen wurde. Der Wagen hat einen Dieselmotor (Hubraum 4.164 ccm). Das zulässige Gesamtgewicht beträgt 2.960 kg, und das Leergewicht ist mit 2.415 kg angegeben. Die Zahl der Sitzplätze betrug ursprünglich fünf Plätze; seit einem im Jahre 1994 vorgenommenen Umbau verfügt das Fahrzeug außer dem Fahrersitz nur noch über einen weiteren Sitzplatz. Auf Seite 3 des Fahrzeugbriefes ist die Fahrzeugart als „LKW geschlossener Kasten” angegeben. Ferner enthält der Fahrzeugbrief unter Ziffer 33 die am 25. März 1994 eingetragenen Vermerke „fest eingebautes Schutzgitter hinter Fahrer-/ Beifahrersitz * Ladeflächenlaenge 1700mm * Gurt- u. Sitzbefestigungspunkte hint. d. eingeschweisste Schrauben unbrauchbar gemacht”.
Der Antragsgegner hatte das Fahrzeug zunächst als Lastkraftwagen nach Gewicht besteuert. Mit dem Änderungsbescheid vom 06. Oktober 2005 stufte er den Wagen ab 01. Mai 2005 nunmehr als PKW nach § 8 Nr. 1 KraftStG ein und besteuerte ihn dementsprechend nach Hubraum und Schadstoffausstoß. Die Neueinstufung begründete er mit der Aufhebung des § 23 Abs. 6 a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zum 01. Mai 2005. Ab diesem Zeitpunkt richte sich die Besteuerung ausschließlich nach objektiven Beschaffenheitskriterien. Das Fahrzeug sei vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut.
Am 17. Oktober 2005 legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte bis zur Entscheidung über ihren Rechtsbehelf Aussetzung der Vollziehung. Während der Einspruch noch nicht beschieden worden ist, lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 22. Dezember 2005 ab.
Mit ihrem Schreiben vom 05. Januar 2006 verfolgt die Antragstellerin ihr Aussetzungsbegehren gegenüber dem Gericht weiter. Auf die Bitte des Vorsitzenden vom 11. Januar 2006 anzugeben, ob der Bescheid ganz oder teilweise ausgesetzt werden solle, hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. Januar 2006 klar gestellt, dass in vollem Umfange Aussetzung der Vollziehung begehrt werde. Die Antragstellerin ist der Auffassung, der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid sei rechtswidrig, weil es sich bei dem Fahrzeug seit dem Umbau um einen LKW handele. So betrage die Ladefläche mehr als das doppelte der Fahrgastfläche. Das Fahrzeug werde ausschließlich für jagdliche Zwecke genutzt. Wenn das Finanzgericht (FG) Köln in seinem Beschluss vom 28. November 2005 6 V 3715/05 einen Geländewagen vom Typ Land Rover als anderes Fahrzeug im Sinne des § 8 Nr. 2 KraftStG eingestuft habe, gelte dies erst recht für das streitgegenständliche, nicht...