rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 13. Januar 1995 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 1995 werden insoweit aufgehoben, als der Beklagte die Dienstbeschädigungsteilrente in die Besteuerung einbezogen hat. Der Beklagte wird verpflichtet, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Steuerfreiheit der Dienstbeschädigungsteilrente neu festzusetzen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … – DM.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung einer Dienstbeschädigungsteilrente zur Einkommensteuer.
Der Kläger bezog im Kalenderjahr 1993 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, eine Dienstbeschädigungsteilrente und Lohnersatzleistungen. Die Klägerin war 1993 als Arbeitnehmerin tätig.
Der Kläger erlitt im Jahre 1963 während seiner Dienstzeit bei der Nationalen Volksarmee einen Unfall, in dessen Folge eine Oberschenkelamputation erforderlich wurde. Aufgrund dieses Unfalls wurde er für 100 % verwendungsunfähig erklärt und erhielt zunächst seinen Sold weiter. Ab dem 16. November 1964 bezog er dann eine Ehrensoldrente, deren Zahlung am 1. Mai 1965 eingestellt wurde. Statt dessen erhielt der Kläger nunmehr eine Unfallrente in Höhe von 90 % seines letzten Nettojahresverdienstes. Ab dem 1. Juli 1968 wurde diese in eine Dienstbeschädigungsteilrente in Höhe von 90 % des letzten Bruttojahresverdienstes umgewandelt. Nachdem der Grad des Körperschadens bei dem Beklagten sich auf 70 v. H. gemindert hatte, wurde die Rente zum 1. Januar 1969 entsprechend auf 70 % verringert. Danach folgten verschiedene Angleichungen. Im Veranlagungszeitraum 1993 betrug die Rente zunächst bis zum 30. Juni 1993 … DM und seit dem 1. Juli 1993 … DM monatlich.
Die gemeinsame Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1993 reichten die Kläger am 20. Mai 1994 beim Beklagten ein. Die Dienstbeschädigungsteilrente in Höhe von insgesamt … DM wurde als steuerfreier Erwerbsbezug angegeben. In dem Einkommensteuerbescheid 1993 vom 16. Dezember 1994 unterwarf der Beklagte die Dienstbeschädigungsteilrente des Klägers als abgekürzte Leibrente der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG i. V. m. § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 20. Dezember 1994 Einspruch ein, in dem sie die Überprüfung der auf die Einkommensteuerschuld anzurechnenden Lohnsteuer begehrten. Der Beklagte erließ am 13. Januar 1993 einen geänderten Bescheid, in dem die Lohnsteuer in korrekter Höhe auf die Einkommensteuerschuld angerechnet wurde. Die Kläger legten gegen diesen Bescheid am 17. Januar 1995 Einspruch ein und beantragten, die Dienstbeschädigungsteilrente des Klägers als steuerfrei zu behandeln.
Mit Bescheid vom 6. Juli 1995 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Steuerfreie Bezüge gem. § 3 Nr. 6 EStG seien nach Abschnitt 8 Abs. 1 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach den Gesetzen, die das Bundesversorgungsgesetz für entsprechend anwendbar erkläre. Diese Gesetze seien in den Lohnsteuerrichtlinien abschließend aufgezählt. Die Dienstbeschädigungsteilrente falle auch nicht unter die in Abschnitt 8 Abs. 2 LStR aufgeführten Bezüge. Die Rente werde aufgrund der Versorungsordnung der NVA gezahlt. Nach dieser habe eine Beitragspflicht in Höhe von 10 % der Bruttobesoldung bestanden. Der Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsteilrente sei nicht nach § 9 Abs. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes in die gesetzliche Rentenversicherung übernommen worden. Die Dienstbeschädigungsteilrente falle nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 6 EStG und sei daher als abgekürzte Leibrente zu versteuern.
Hiergegen haben die Kläger am 1. August 1995 Klage erhoben. Die Dienstbeschädigungsteilrente des Klägers sei ein Versorgungsbezug an einen Wehrdienstbeschädigten im Sinne von § 3 Nr. 6 EStG. Sie würde aufgrund der seinerzeit erlittenen Verletzung und nicht aufgrund der Dienstzeit gewährt. Dies ergebe sich daraus, daß der Bezug an dem Grad des Körperschadens und nicht etwa an der Dienstzeit orientiert sei. Zweck des § 3 Nr. 6 sei es, die Bezüge von der Einkommensteuer zu befreien, bei deren geringer Bemessung der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, daß sie nicht der Einkommensteuerpflicht unterlägen. Die Rente des Klägers sei aber gerade auf der Grundlage seiner letzten Nettobezüge ermittelt worden. Dieser Intention sei letztlich auch der bundesdeutsche Gesetzgeber gefolgt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über nicht überführte Leistungen der Sonderversorgungssysteme der DDR sei das Einkommen des Versorungsempfängers nicht auf die Dienstbeschädigungsteilrente anzurechnen. Da...