Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Zufluss der einem beherrschenden Gesellschafter für ein Gesellschafterdarlehen von der GmbH geschuldeten Zinsen bei „Krise” der GmbH zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Zinsen
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem beherrschenden Gesellschafter einer GmbH fließen Zinsen, die ihm die GmbH für ein Gesellschafterdarlehen schuldet, schon dann zu, wenn die Forderung fällig ist, der GmbH kein Leistungsverweigerungsrecht zusteht und die GmbH auch leistungsfähig (zahlungsfähig) ist. Auf eine Gutschrift in den Büchern der GmbH kommt es dann überhaupt nicht mehr an. Unerheblich ist daher auch, ob und in welchem Umfang die GmbH die streitbefangene Forderung in ihren Büchern und Bilanzen erfasst hat.
2. Ein Leistungsverweigerungsrecht würde der GmbH bei Fälligkeit der Zinsen zustehen, wenn die Zinszahlung nur unter Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 Abs. 1 GmbHG erfolgen könnte. Ein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 Abs. 1 GmbHG liegt u.a. dann vor, wenn das Stehenlassen bzw. das Stunden fällig gewordener Darlehenszinsen eigenkapitalersetzenden Charakter im Sinne der §§ 32a, § 32b GmbHG hat. Dies wiederum setzt voraus, dass bei Fälligkeit der Zinsen eine „Krise der Gesellschaft” im Sinne der gesetzlichen Legaldefinition des § 32a GmbHG angenommen werden kann, mithin eine Situation, in dem ein ordentlicher Kaufmann der GmbH statt des Stehenlassens der aufgelaufenen Darlehenszinsen Eigenkapital zugeführt hätte.
3. Eine „Krise der Gesellschaft” im Sinne des § 32a GmbHG ist dann anzunehmen, wenn die GmbH insolvenzreif, d. h. zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO oder überschuldet im Sinne des § 19 InsO war und ihr Geschäftsführer daher gem. § 64 Abs. 1 InsO spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife Insolvenzantrag hätte stellen müssen (Ausführungen zum Begriff der „Zahlungsunfähigkeit” bzw. der „Überschuldung”); eine „Krise der Gesellschaft” im Sinne der Kapitalerhaltungsvorschriften liegt aber auch schon vor ihrer Insolvenzreife dann vor, wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt kreditunwürdig ist.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7; GmbH § 30 Abs. 1, § 32a Abs. 1, 3, § 32b; InsO § 17 Abs. 2, §§ 19, 64 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Zufluss von Darlehenszinsen bei einem beherrschenden Gesellschafter einer GmbH im Jahre 2000.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute.
Mit notariellem Vertrag vom 21.01.1993 gründeten sie die G. S. GmbH mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM, an dem sich der Kläger zu 60 %, die Klägerin zu 40 % beteiligte. Zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer wurde der Kläger bestellt. Die Eintragung der GmbH in das Handelsregister erfolgte am 24.09.1993.
Am selben Tag gewährte der Kläger der GmbH – seinem unbestrittenen Vortrag zufolge – ein Darlehen in Höhe von 116.195,32 DM zum Zinssatz von 8 % jährlich, das in der Bilanz der GmbH zum 31.12.1993 auch ausgewiesen wurde (Passivkonto 0711 „Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen”: 116.195,32 DM). Der Zinsaufwand in Höhe von 9.295,00 DM (8 % von 116.195,32 DM) wurde zum 31.12.1993 im Aufwandskonto 2120 „Zinsaufwendungen für langfristige Verbindlichkeit” gebucht. Ein schriftlicher Darlehensvertrag liegt nicht vor. Nach dem Vortrag der Kläger sind bisher weder Tilgungs- noch Zinsleistungen erfolgt, vielmehr seien die jährlich fälligen Zinsen auf die jeweils offene Darlehensschuld „draufgeschlagen” worden.
Ausweislich der „Rangrücktrittsvereinbarung” vom 15.12.2001 (Gerichtsakten Bl. 74) sowie ausweislich der Bilanz zum 31.12.2000 (Passivkonto 1705 „sonstige Verbindlichkeiten”) betrug der Valutastand des Darlehens per 31.12.2000 273.258,84 DM. Ausweislich der Bilanz zum 31.12.1999 hatte der Valutastand des Darlehens ein Jahr zuvor 261.026,10 DM betragen.
Der streitbefangene Zinsaufwand in Höhe von 13.012,33 DM wurde dem Aufwandskonto 2120 „Zinsaufwendungen für langfristige Verbindlichkeit” in der Bilanz zum 31.12.2000 (Gewinn- und Verlustrechnung vom 01.01. bis 31.12.2000) entnommen.
Dem Gericht wurde ferner ein „Forderungsverzicht mit Besserungsschein”, datierend unter dem 15.12.2002, vorgelegt (Gerichtsakten Bl. 75 ff.), wonach der Kläger auf 50 % seiner fälligen Forderung gegen die GmbH verzichtete. Die zum 15.12.2002 fällige Forderung wurde mit 136.655,00 EUR (entspricht 267.273,94 DM) beziffert.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2000 vom 14.08.2001 hatten die Kläger keine Kapitaleinkünfte erklärt. Die Einkommensteuer für 2000 setzte das Finanzamt – FA – mit Bescheid vom 19.10.2001 erklärungsgemäß fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Nachdem die Veranlagungsstelle aufgrund einer Kontrollmitteilung vom 21.10.2004 von den „Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen” in Höhe von 13.012,33 DM erfahren hatte, änderte es den Einkommensteuerbescheid vom 19.10.2001 und berücksichtigte in seinem ge...