Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommen- und Kirchensteuer 1993
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert beträgt … DM.
Tatbestand
Der Kläger war im Streitjahr 1993 ledig und erzielte als Beamter im Bereich der … Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Bruttogehalt betrug … DM. Daneben war er als „Dozent” freiberuflich tätig und erzielte hieraus Einnahmen in Höhe von insgesamt … DM. Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärte er nicht.
In seinem geänderten Bescheid für 1993 über Einkommensteuer und Kirchensteuer vom 7. August 1995 berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten in Höhe von … DM. Bei einem insgesamt zu versteuernden Einkommen von … DM setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf … DM und die evangelische Kirchensteuer auf … DM (= 9 % von … – DM) fest.
Dagegen legte der Kläger Einspruch ein mit der Begründung, seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des durch das Zinsabschlaggesetz erhöhten Sparerfreibetrages hätten sich inzwischen verstärkt. Die Freibetragsregelung stelle eine gleichheitswidrige Privilegierung einer Einkunftsart dar. Da er bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen den Freibetrag nicht annähernd ausschöpfen könne, möchte er den nicht ausgeschöpften Betrag bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück. Es verwies auf die Gesetzeslage, wonach eine Übertragung des bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht ausgeschöpften Sparerfreibetrages auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht in Betracht komme. Die Einspruchsentscheidung wurde mit einfachem Brief bekanntgegeben.
Mit der am … eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Den von ihm nicht ausgeschöpften Sparerfreibetrag beziffert er nunmehr auf … DM bei – nicht näher aufgeschlüsselten – Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von … DM (… DM Sparerfreibetrag zuzüglich … DM Werbungskosten-Pauschbetrag abzüglich … DM Einnahmen aus Kapitalvermögen = … DM).
§ 20 Abs. 4 EStG in der Fassung des Zinsabschlaggesetzes vom 9.11.1992 (BStBl I 1992 S. 682) verletze den Grundsatz der horizontalen Gleichheit. Danach habe der Steuergesetzgeber Steuerpflichtige bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gleich zu belasten. Es sei nicht einzusehen, warum zwei Steuerpflichtige mit Einkünften in gleicher Höhe, die bei dem einen ausschließlich aus nichtselbständiger Arbeit und bei dem anderen ausschließlich aus Kapitalvermögen stammten, ungleich belastet werden.
Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz – GG – folge, daß der Bezieher von Arbeitslohn, der über keine Einnahmen aus Kapitalvermögen oder nur über Einnahmen aus Kapitalvermögen unterhalb der Sparerfreibetragsgrenze verfüge, den nicht ausgeschöpften Sparerfreibetrag bei seinen Arbeitseinkünften in Anspruch nehmen könne.
Der Kläger beantragt,
abweichend von dem geänderten Bescheid für … über Einkommensteuer und Kirchensteuer vom … und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom … … bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit den nicht ausgeschöpften Sparerfreibetrag von … DM zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Senat hat bei der Beratung ein Band Einkommensteuerakten zur Steuernummer … vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen aus Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, daß seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe des nichtausgeschöpften Sparerfreibetrags nach § 20 Abs. 4 EStG von der Besteuerung freizustellen sind.
Zwar verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, daß wesentlich Gleiches auch gleichbehandelt wird. Bei der Entscheidung jedoch, welche Sachverhalte als im wesentlichen gleich anzusehen sind, hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dort endet, wo für die ungleiche Behandlung der Sachverhalte schlechthin ein einleuchtender Grund fehlt. Läßt sich dagegen die gesetzliche Differenzierung mit sachgerechten finanzpolitischen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen rechtfertigen, liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG vor (vgl. z. B. Bundesverfassungsgericht, Urt. v. 27. Juni 1991 – 2 BVR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 – „Zinsabschlag”). Der Gesetzgeber ist insbesondere nicht verpflichtet, allein deswegen, weil er einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen zur Erreichung eines bestimmten Zwecks einen Freibetrag gewährt, einer anderen Gruppe von Steuerpflichtigen, bei denen andere Verhältnisse vorliegen, einen gleich hohen Freibetrag zu gewähren (BFH, Urt. v. 26. September 1969 – VI R 158/67, BFHE 96, 566, BStBl II 1969, 730).
Gemessen an diesen Grundsätzen verletzt die Beschränkung der Freibet...