rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tiefkühllager als Betriebsvorrichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Baukörper für das Tiefkühllager eines Speiseeisherstellers, das sich in einem von der Produktionsstätte getrennten Gebäudeteil befindet, in dem eine Temperatur von Minus 27 bis 30 Grad Celsius herrscht und in dem sich Menschen zwar ohne Schutzkleidung mehrere Minuten aufhalten können, ihre Tätigkeit aber überwiegend in Gabelstapler mit beheizbaren Fahrerkabinen verrichten, ist als Gebäude und nicht als Betriebsvorrichtung anzusehen, so dass eine Investitionszulage von 15 % statt 27,5 %. zu gewähren ist.

2. Ein Bauwerk verliert seine Gebäudeeigenschaft nicht schon dadurch, dass bauliche Unzulänglichkeiten (z. B. schlechte Entlüftung oder schlechte Lichtverhältnisse) den Aufenthalt von Menschen erschweren. Ebensowenig wird die Gebäudeeigenschaft dadurch berührt, dass Einwirkungen, die durch den Betrieb hervorgerufen werden, auf Dauer zu gesundheitlichen Schäden führen können, z. B. in Fällen, in denen bei der Arbeit Masken oder Schutzkleidung getragen werden wüssen.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3; BewG 1991 § 68 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.04.2011; Aktenzeichen III R 8/09)

BFH (Urteil vom 07.04.2011; Aktenzeichen III R 8/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte 5/100, die Klägerin 95/100.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird bis zum 29.08.2006 auf 123.458,00 EUR, danach auf 145.759 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Investitionszulage für die Herstellung eines Tiefkühllagers.

Die Klägerin stellt Speiseeis her, das über den Großhandel vertrieben wird. In den Streitjahren erweiterte die Klägerin ihre Produktionsstätte unter anderem um ein Mixtanklager, einen Packraum, einen Maschinenraum und ein Tiefkühllager.

Zwischen den Beteiligten ist nur noch streitig, ob es sich bei dem Baukörper für das Tiefkühllager um eine Betriebsvorrichtung handelt, für die eine Investitionszulage in Höhe von 27,5 % der Bemessungrundlage gewährt wird oder um ein Gebäude, für das nur eine Investitionszulage in Höhe von 15 % der Bemessungsgrundlage zu gewähren ist.

In dem Tiefkühllager werden die von der Klägerin hergestellten Eisprodukte bis zur Auslieferung an den Handel zwischengelagert. Das Tiefkühllager befindet sich in einem von der Produktionsstätte getrennten Gebäudeteil. Beim Betreten des Gebäudes gelangt man zunächst in einen Vorraum, der „normal” temperiert ist. Das Tiefkühllager wird von Personen über eine zwischen dem Vorraum und dem Lagerraum befindliche Eingangstür betreten. Für die An- und Auslieferung der Ware befindet sich neben der Eingangstür eine Kälteschleuse. In dem Tiefkühllager herrschen Temperaturen zwischen -27° und -30° Celsius.

In dem Lagerraum ist ein sogenanntes Verschieberegallager installiert. Zwischen den einzelnen Lagereinheiten befinden sich eine breite und mehrere schmale Fahrstraßen, die ohne Schienenbindung von Gabelstaplern befahren werden können. Die Gabelstapler werden von Fahrern geführt und bedient. In den Gabelstaplern befinden sich Steuerungssysteme, über die das Verschieberegallager gesteuert, bedient und bestückt werden kann. Störungen innerhalb des Regalsystems, z. B. durch Umkippen einer Palette oder durch menschliche Bewegungen führen unmittelbar zum Abschalten des Systems.

Der Raum kann von Menschen betreten werden, die sich auf den Fahrwegen frei bewegen können. Anlässlich eines durch die Berichterstatterin vorgenommenen Ortstermins war der Aufenthalt in dem Tiefkühllager für mehrere Minuten ohne Schutzkleidung möglich.

Die Gabelstapler sind zum Schutz der Fahrer vor der Kälte mit einer beheizbaren Kabine umschlossen. Die Gabelstapler werden wegen der hohen Temperaturunterschiede aus dem Lagerraum nicht herausgenommen. Die Fahrer steigen jeweils direkt hinter dem Eingang in den Gabelstapler und verrichten ihre Arbeit im Tiefkühlhaus vom Gabelstapler aus. Für Arbeiten außerhalb des Gabelstaplers legen die Mitarbeiter Schutzkleidung an. Bei größeren Reparaturen muss die Kühlung insgesamt abgestellt werden. Das Lager ist dann nicht nutzbar.

Für die Teilherstellungskosten des Baukörpers des Tiefkühllagers hat die Klägerin in den Jahren 2001 und 2002 Investitionszulage für Betriebsvorrichtungen in Höhe von 27,5 % beantragt.

Die Bemessungsgrundlage im Jahr 2001 (Pos. 4 des Antrages) beträgt 104.828,11 DM und im Jahr 2002 (Pos. 4 des Antrages) 1.112.480,26 EUR.

Mit seinen Bescheiden vom 11. Dezember 2002 (Investitionszulage für 2001) und 3. Juli 2003 (Investitionszulage 2002), die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, gewährte der Beklagte zunächst die Investitionszulage in begehrter Höhe.

Aufgrund einer Investitionszulagensonderprüfung kam der...

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