Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösung erhaltener Vorauszahlungen sind realisierter laufender Gewinn
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Auflösung des Bilanzpostens „erhaltene Vorauszahlungen” führt zu einer Gewinnrealisierung im laufenden Gewinn und nicht im Aufgabegewinn.
2. Dies gilt insbesondere, wenn die Realisation primär durch die Insolvenz des einzigen Auftraggebers verursacht wurde.
3. Bei der Zuordnung zum laufenden oder zum Aufgabegewinn sind auch Gesichtspunkte der Gefahr einer Steuerumgehung zu berücksichtigen, wenn aufgrund der besonderen vertraglichen Gestaltung (fehlende Teilabnahmen) zwingend erhebliche stille Reserven über einen längeren Zeitraum entstehen.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 3, § 34
Tenor
1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Gewinnrealisierung von erhaltenen Anzahlungen auf vormals noch nicht vollständig erbrachte Werkleistungen den laufenden Gewinn erhöht oder als Aufgabegewinn einer ermäßigten Besteuerung unterliegt.
Die Antragsteller sind ehemalige Gesellschafter der mittlerweile aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts […] (Arge), deren Gewinn durch den Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – für das Streitjahr 2003 einheitlich und gesondert festgestellt wird. Beide Gesellschafter waren hälftig an der Arge beteiligt.
Die Arge erbrachte im Rahmen langfristiger, sich über mehrere Jahre erstreckender Werkverträge Bauingenieurleistungen ausschließlich an einen Auftraggeber, die […] (GmbH). Da die Werklöhne nach Angabe der Antragsteller erst mit Fertigstellung der Projekte oder deren Abnahme fällig wurden, vereinnahmte die Arge von der GmbH Anzahlungen, die bei der Arge noch nicht zu einer Gewinnrealisierung führten. Vielmehr wurde der durch die Geldzahlung erhöhte Aktivposten durch Passivierung desselben Betrages unter der Position „erhaltene Anzahlungen” ausgeglichen. Erst bei Endabnahme der Leistungen hätte bei gewöhnlichem Geschäftsablauf die Auflösung des Postens im Ergebnis zu einer Gewinnrealiserung des gesamten Werklohns geführt.
Der Geschäftsablauf wurde unterbrochen durch die Insolvenz der GmbH im Jahr 2003. Zu diesem Zeitpunkt waren die „erhaltenen Anzahlungen” auf einen Betrag in Höhe von XXX EUR angewachsen. Da die GmbH die Leistungen nicht mehr abrufen habe können, sei die Leistungspflicht der Arge entfallen. Daher seien die „erhaltenen Anzahlungen” gewinnrealisierend aufgelöst worden. Dabei habe nach Angabe der Antragsteller nicht verbindlich festgestellt werden können, inwieweit „bereits geleistete Arbeit honoriert wurde” bzw. „inwieweit diese bereits einen Gewinnanteil enthielten” oder „Zahlungen enthalten waren, für die noch keinerlei Leistung erbracht war”. Die Arge behandelte den Betrag als nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigten Aufgabegewinn im Rahmen der Aufgabe und Beendigung der Arge zum Ende des Jahres 2003. Die Insolvenz des einzigen Auftraggebers habe „zwangsweise” zur Beendigung der Arge geführt.
Das FA wich von der eingereichten Feststellungserklärung insoweit ab, als es den Aufgabegewinn um den Betrag von XXX EUR minderte und gleichzeitig den laufenden Gewinn um diesen Betrag erhöhte (Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung für 2003 vom 3. August 2005, bekannt gegeben an den ehemaligen Empfangsbevollmächtigten der Arge, den Klägervertreter). Der Einspruch hiergegen namens der Arge blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 20. Oktober 2006 ohne Erfolg. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 13. November 2006 – ebenfalls namens der Arge gestellt – lehnte das FA mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 ab.
Die Hauptsache – namens der Arge erhoben – wurde am 20. November 2006 beim Finanzgericht anhängig. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 beantragten die Prozessbevollmächtigten namens der Arge gerichtliche AdV. Mit dem zuletzt genannten Schriftsatz reichten die Prozessvertreter eine Vollmacht des Antragstellers zu 1) ein, mit weiterem Schriftsatz vom 8. Januar 2007 auch eine solche des Antragstellers zu 2). Wegen des weiteren Vortrags wird auf diese Schriftsätze verwiesen.
Die Antragsteller beantragen,
die Vollziehung des Bescheids für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 3. August 2005 für die […(Arge)] sowie die hierzu ergangene EE vom 20. Oktober 2006 wie folgt auszusetzen: Der laufende Gewinn wird um XXX EUR niedriger, der Aufgabegewinn um diesen Betrag höher festgestellt.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag wird vom Gericht als Antrag beider ehemaligen Gesellschafter der Arge ausgelegt, da die Arge mittlerweile vollbeendigt ist. Soweit im Vorverfahren Zweifel am Antragsteller bzw. an der Person des Einspruchsführers bzw. der Klagebefugnis bestehen könnten, weil diese jeweils im Namen der beendeten Arge gestellt wurden, ge...