Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung in Sachen. Abschöpfung. Einfuhrumsatzsteuer
Tenor
1. Die Vollziehung des Steueränderungsbescheids vom 28. März 1996 wird gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.254,87 DM und in Höhe von 2.185,40 DM ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/5 und der Antragsgegner zu 4/5.
3. Der Streitwert wird auf 2.544 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob das Hauptzollamt die Antragstellerin zu Recht als Inhaberin des Carnet TIR wegen Verletzung der Wiedergestellungspflicht mit Abgabenbescheid in Anspruch genommen hat.
Die Antragstellerin ließ am 20. November 1993 beim Zollamt F. die mit Carnet TIR-Nr. … eingeführten 24.350 kg Zucker zum Versandverfahren VAB 1/4507 abfertigen. Als Bestimmungszollstelle war die Z. A. eingetragen. Der beim Zollamt eingegangene Rückschein trägt die spanischen Stempel T. und … vom 23. November 1993 jeweils mit Unterschrift. In einem Aktenvermerk vom 29. September 1995 des Zollfahndungsamtes M. wurde festgestellt, daß die Sendung nicht in A. wiedergestellt worden war. Das Hauptzollamt erließ daraufhin Steuerbescheid vom 07. Dezember 1995 gegen die Antragstellerin als Carnet TIR-Inhaberin gem. Art. 8 i.V.m. Art. 11 TIR-Übereinkommen i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 3 Buchst. d, Art. 7 Satz 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 2144/87 und Art. 5 der Verordnung Nr. 1031/88 und forderte 23.972,58 DM Abschöpfung und 2.028,08 DM Einfuhrumsatzsteuer an. Mit Steueränderungsbescheid vom 28. März 1996, der von der Antragstellerin zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist, setzte das Hauptzollamt die Abschöpfung auf 23.254,87 DM und die Einfuhrumsatzsteuer auf 2.185,40 DM fest.
Die Antragstellerin beantragt,
die Aussetzung der Vollziehung des Steueränderungsbescheids vom 28. März 1996 ohne Sicherheitsleistung wegen begründeter Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit, wegen eines unersetzbaren Schadens und wegen ernstlicher Schwierigkeiten wirtschaftlicher Art.
Der Antragsgegner (Haupt Zollamt) beantragt,
die Ablehnung des Antrags.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist teilweise begründet, weil bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit in rechtlicher und Unklarheit in tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 FGO, Art. 244 Unterabs. 2 Zollkodex; BFH-Beschluß vom 09. Januar 1996 VII B 225/96, ZFZ 1996, 88).
Die zum Versandverfahren VAE 1/4507 auf Carnet TIR-Nr. … für die Antragstellerin abgefertigten 24.350 kg Zucker wurden einer Bestimmungszollstelle nicht wiedergestellt. Nach Auskunft der Zollstelle A. vom 29. Januar 1996 wurde das Carnet TIR-Nr. … beim Zollamt nicht registriert. Die im Carnet TIR angebrachten Stempel von A. seien gefälscht. Dies stimmt überein mit den Feststellungen des Zollfahndungsamtes M., wonach die strittigen Waren keiner spanischen Zollstelle wiedergestellt worden sind. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Versandverfahren bekannt, daß der hier verwendete Stempel von A. sowie die Unterschrift gefälscht sind.
Gem. Art. 21 und 28 des Zollübereinkommens über den internationalen Warentransport mit Carnet TIR (TIR-Übereinkommen) vom 14. November 1975 (Bundesgesetzblatt 1979 II S. 445) war das Fahrzeug mit Warenladung der Bestimmungszollstelle zur Kontrolle vorzuführen und das Carnet TIR nach Ankunft der Ladung bei der Bestimmungszollstelle unverzüglich zu erledigen. Durch die Nichterfüllung dieser Pflicht ist die Zollschuld gem. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 2144/87 spätestens mit Ablauf der Wiedergestellungsfrist am 27. November 1993 entstanden (Art. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 2144/87). Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Zollvorschriften sinngemäß (§ 13 Abs. 3, § 21 Abs. 2 UStG). Ausschlußgründe gem. Art. 39 und 40 des TIR-Übereinkommens liegen nicht vor.
Abgabenschuldner ist gem. Art. 5 der Verordnung Nr. 1031/88 die Antragstellerin dadurch geworden, daß sie die o.a. Pflichten nicht erfüllt hat. Die merkwürdigen Umstände einer Zollabfertigung auf einem Parkplatz fernab von der Bestimmungszollstelle und jedem Zollamt belasten die Antragstellerin außerdem. Sie hat – nach ihrem Vorbringen auf Anweisung – die Waren nicht der Bestimmungszollstelle vorgeführt, sondern das Versandverfahren in Al. ohne Verfahren bei einem Zollamt durch Abladen der Warensendung beendet.
Der Senat hat jedoch begründete Zweifel, ob das Haupt-Zollamt für die Erhebung der Einfuhrabgaben zuständig ist. Die Zollschuld entsteht grundsätzlich an dem Ort, an dem der Tatbestand, der die Zollschuld entstehen läßt, eingetreten ist (Art. 215 Abs. 1 Zollkodex). Dementsprechend bestimmt Art. 454 Abs. 2 der Zollkodex-Durchführungsverordnung, daß für die Erhebung der Einfuhrabgaben der Mitgliedsstaat z...