Entscheidungsstichwort (Thema)
Bescheidänderung bei irreführenden Angaben des Steuerpflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Änderung aufgrund neuer Tatsachen ist möglich, wenn der Steuerpflichtige irreführende Angaben gemacht hat, die die Ermittlungsfehler des Finanzamtes überwiegen.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob das Finanzamt im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aus einem Wandeldarlehen zugeflossene verbilligte Aktien aufgrund neuer Tatsachen versteuern durfte.
Die Antragstellerin wird vom Antragsgegner – dem Finanzamt (FA) – für das Streitjahr 1999 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
1. Mit Schreiben vom 17. Mai 1999 berichtigte die Antragstellerin ihre ESt-Erklärung 1997 und meldete eine Erhöhung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um einen geldwerten Vorteil in Höhe von 16.841,25 DM. Als Anlage fügte sie einen Darlehensvertrag bei, den sie am 15. Oktober 1997 mit ihrem Arbeitgeber, der X AG (AG), abgeschlossen habe, ein Schreiben des Arbeitgebers zur steuerlichen Behandlung sowie ein Gutachten der <Beratunggeselschaft> über die Berechnung des Wertes der geldwerten Zuwendung. Inhalt des Darlehensvertrages ist die Gewährung eines Darlehensbetrages von 12.500 DM an den Arbeitgeber sowie ein Wandelungsrecht nach Wahl des Arbeitnehmers in Aktien der AG nach näherer Maßgabe des Vertrags. Das Wandelungsrecht sollte erstmals am 28. Oktober 1999 für maximal die Hälfte der zu beziehenden Aktien ausgeübt werden können. Wegen des genauen Wortlauts dieser Unterlagen wird auf die ESt-Akte 1997 verwiesen.
Die Antragstellerin reichte ihre ESt-Erklärung für 1999 am 17. Februar 2000 beim FA ein. Darin erklärte sie neben ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit lt. Lohnsteuerkarte auch solche aus Kapitalvermögen, nämlich Erträge aus Bausparguthaben in Höhe von 428,26 DM und aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen in Höhe von 458,33 DM. Das FA veranlagte mit ESt-Bescheid vom 8. März 2000 unter Übernahme der erklärten Beträge.
2. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2000 teilte das Finanzamt München für Körperschaften dem FA mit, dass die Antragstellerin am 1. November 1999 einen Betrag von 6.250 DM gegen 62.500 Aktien der AG gewandelt habe und diese Aktien an diesem Tag zu Kursen zwischen …,30 und …,25 DM (zutreffend aber: EURO) an der Börse gehandelt worden seien. Anschaffungskosten seien mit ….773,50 DM entstanden. In der ESt-Akte findet sich nach diesem Schreiben ein Schreiben vom 3. Februar 2000, in dem die Arbeitnehmerstellen der Bearbeitungsstelle Ingolstadt des FA darauf hingewiesen werden, dass die AG derartige Darlehen ausgegeben hätte und dass bei Ausübung der Option eine Versteuerung vorzunehmen sei (sog. Endbesteuerung). Daraufhin änderte das FA nach Anhörung der Antragstellerin am 1. März 2001 die ESt-Festsetzung für 1999, indem es die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um einen Betrag von ….149 DM erhöhte, errechnet aus ….922 DM abzüglich Anschaffungskosten …773 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die ESt-Akte verwiesen. Der Zufluss dieses geldwerten Vorteils ist dem Grunde nach unstreitig.
3. Die Antragstellerin gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung (EE) gegen den Änderungsbescheid. Nachdem das FA mit EE vom 9. April 2002 diesen Einspruch abgewiesen hatte, beantragte die Antragstellerin weitere AdV bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Finanzgerichts über die Anfechtung des Änderungsbescheids. Diesem gab das FA mit Bescheid vom 30. April 2002 zunächst statt. Wegen mittlerweile entschiedener Parallelverfahren verfügte das FA am 28. Mai 2008 das Ende der Aussetzung der Vollziehung zum 30. Juni 2008. Dem neuerlichen AdV-Antrag gab das FA mit Bescheid vom 5. November 2008 nur insoweit statt, als es den Wert der Aktien mit dem niedrigsten Kurs am 1. November 1999 ansetzte. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.
4. Im Einspruchsverfahren legte die Antragstellerin Zinsbestätigungen „1999” und „1998” vor, die der ESt-Erklärung für 1999 beigelegen haben sollen. Dabei handelt es sich um zwei Blätter mit der Überschrift „Zinsbestätigung” für die Jahre 1998 und 1999, aus denen sich Zinszahlungen in Höhe von 208,33 DM, 41,67 DM und 208,33 DM im Jahr 1999 sowie eine Zahlung von 20,83 DM im Jahr 2000 für ein an die AG ausgereichtes Darlehen ersehen lassen. Den vier Zinsbeträgen ist für die jeweils zwei Zinszeiträume jeden Jahres die Darlehenssumme vorangestellt. Diese lautet für die in 1999 gezahlten Zinsen auf jeweils 12.500 DM und für den letzten Zinszeitraum, der die Zahlung im Jahr 2000 betrifft, auf 6.250 DM. Unter der Zinszahlung im Jahr 2000 ist vermerkt: „Der Rückgang der Darlehenssumme, resultiert aus der vorgenommenen Wandlung.”
5. Mit ihrem Antrag auf AdV verfolgt die Antragstellerin ihr Begehr einer vollständigen Aussetzung weiter.
Sie trägt wie bereits im Besteuerungs- und Einspruchsverfahren vo...