rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze im Zusammenhang mit dem Recycling kieferorthopädischer Produkte
Leitsatz (redaktionell)
Zu Unrecht hat das FA dem Antragsteller die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Umsätze eines Zahntechnikers für die Wiederaufbereitung gebrauchter Brackets und Bänder versagt. Entgegen der Ansicht des FA ist eine Beschränkung der Steuerermäßigung auf die diejenigen Umsätze, die im Auftrag eines Heilkundigen erfolgen, weder in § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG vorgesehen, noch ergibt sie sich aus dem Zusammenhang und der Systematik der Vorschrift. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht lässt sich diese Einschränkung nicht herleiten.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 6
Tenor
1. Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2002 vom 14. September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird in Höhe von 5.063,48 EUR und die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2003 vom 14. September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird in Höhe von 2.984,80 EUR für die Dauer der Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage (14 K 3222/08) beim Finanzgericht München ausgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob die mit der Firma M GmbH (nachfolgend GmbH) getätigten Umsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Der Antragsteller war in den Streitjahren mit dem Recycling kieferorthopädischer Produkte unternehmerisch tätig. Insbesondere bereitete er gebrauchte Brackets und Bänder für eine erneute Verwendung durch Zahnärzte und Kieferorthopäden auf.
Aufgrund einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass die Umsätze des Antragstellers mit der GmbH nicht – wie von diesem angenommen – dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, sondern dem Regelsteuersatz unterlägen, da es sich bei dieser Firma um keinen Heilkundigen handle (Bericht vom 26. Juli 2007, Bl. 77 ff BP-Akte des FA). Das FA änderte daher mit den Bescheiden vom 14. September 2007 die Steuerfestsetzungen für 2002 und 2003, indem es die Umsatzsteuer für 2002 auf 5.120,50 EUR und für 2003 auf 5.623,23 EUR festsetzte.
Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 5. September 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass er die Voraussetzungen einer steuerbegünstigten Tätigkeit als Zahntechniker im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erfülle. Er erbringe ausschließlich Leistungen, die hauptsächlich und gewöhnlich aus der beruflichen Tätigkeit des Zahntechnikers heraus bewirkt würden und somit typisch für das Berufsbild des Zahntechnikers seien.
Bei der Firma M handle es sich um eine Firma, die die Herstellung und den Vertrieb medizinischer, dentalmedizinischer und orthodontischer Geräte und Materialen betreibe. Das FA habe bei der Bewertung der Umsätze zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Firma M als Handelsunternehmen auftrete und angeblich kein Heilkundiger sei. Vielmehr unterliege sein Geschäftspartner dem Medizinproduktgesetz und verfüge über einen erforderlichen Medizinproduktberater.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2002 vom 14. September 2007 in Höhe von 5.063,48 EUR und des Umsatzsteuerbescheides 2003 vom 14. September 2007 in Höhe von 2.984,80 EUR auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bei der Firma M handle es sich um ein Handelsunternehmen. Gegenstand des Unternehmens sei das Recycling gebrauchter Brackets und Bänder, die von Zahnärzten und Zahntechniklaboren übersandt würden. Mit der Tätigkeit an sich sei dann der Antragsteller beauftragt worden. Aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1965 ergäbe sich jedoch, dass sich die Tätigkeit eines Zahntechnikers auf die Herstellung von Zahn- und Kieferersatzteilen im Auftrag von Heilkundigen, nicht jedoch im Auftrag von Handelsunternehmen beschränke.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
Es bestehen ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 jeweils vom 14. September 2007, weil bei der gebotenen summarischen Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der zugrunde liegenden Rechtsfragen bewirken (vgl. die ständige Rechtsprechung des BFH, u.a. Beschluss vom 13. Juli 2006 V B 70/06, BFH/NV 2006, 2008).
Nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a i. V. m. Anlage E Nr. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -Richtlinie 77/388/EWG- bzw. Art. 370 i. V. m. Anhang X Teil A der Richtlinie 2006/112/EG d...