rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Hinzuschätzung von ungeklärten privaten Geldzuflüssen bei Vorliegen von Buchführungsmängeln
Leitsatz (redaktionell)
Auch bei nicht ordnungsgemäßer Buchführung rechtfertigt ein ungeklärter Geldzufluss auf einem privaten Konto eine Hinzuschätzung nur, wenn ein Bezug zwischen der nicht ordnungsgemäßen Buchführung und dem ungeklärten Geldzufluss mit der für eine Schätzung erforderlichen Wahrscheinlichkeit hergestellt werden kann.
Normenkette
AO § 162 Abs. 2, § 146 Abs. 1 S. 1, § 147 Abs. 1 Nr. 5
Tenor
1. Die Änderungsbescheide zur ESt 2001, 2002 und 2003 vom 06.03.2009 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2001, 2002 und 2003 vom 11.03.2009 werden bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als sich aus den nach dem Ergebnis der Außenprüfung vorgenommenen Gewinnzuschätzungen bei den gewerblichen Einkünften des Antragstellers zu 1) Nachzahlungsbeträge zur Einkommensteuer bzw. Erhöhungen des Gewerbesteuermessbetrags ergeben.
2. Die durch die Einkommensteuerbescheide 2001, 2002 und 2003 vom 06.03.2009 angefallenen Säumniszuschläge werden ab Fälligkeit aufgehoben, soweit sie durch die ausgesetzte Einkommensteuer entstanden sind.
3. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Antragsteller erzielte in den Streitjahren u.a. gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb des Chinarestaurants X. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Betriebsvermögensvergleich.
Der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) führte zunächst endgültige Veranlagungen durch.
Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass Gewinnzuschätzungen vorzunehmen seien. Die Zuschätzungen wurden im Wesentlichen darauf gestützt, dass für den im Jahr 2001 erfolgten Erwerb einer privaten Immobilie ein ungeklärter Geldzufluss auf einem privaten Bankkonto in Höhe von 217.000 DM aus einer Überweisung durch eine Bank in Hongkong vorliege, sich aus den eingereichten Gewinnermittlungen unplausible Schwankungen der Gewinnaufschläge ergäben, sich aus Kontrollmitteilungen nicht verbuchte Wareneinkäufe entnehmen ließen, die Überprüfung des Barzahlungsverkehrs negative Bargeldsalden ergeben habe und Kassenunterlagen nicht vollständig aufbewahrt worden seien.
Das FA erließ unter dem 06.03.2009 nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide zur ESt und unter dem 11.03.2009 zum Gewerbesteuermessbetrag (GewStMB) aus denen sich folgende Festsetzungen ergeben:
|
Festgesetzt |
Nachzahlungsbetrag |
ESt 2001 |
22.556,15 EUR |
22.556,15 EUR |
ESt 2002 |
8.6312 EUR |
7.493 EUR |
ESt 2003 |
3.599 EUR |
2.959 EUR |
|
Festgesetzt vor Betriebsprüfung |
Festgesetzt nach Betriebsprüfung |
GewSt MB 2001 |
132,94 EUR |
1.712,83 EUR |
GewStMB 2002 |
0 EUR |
338 EUR |
GewStMB 2003 |
20 EUR |
140 EUR |
Über die hiergegen gerichteten Einsprüche hat das FA bislang nicht entschieden.
Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA mit Bescheiden vom 30.07.2009 ab.
Mit dem vorliegenden Antrag verfolgen die Antragsteller ihr Begehren auf Aussetzung der Vollziehung weiter. Den begehrten Umfang der Aussetzung der Vollziehung haben die Antragsteller zwar nicht beziffert. Sie wenden sich aber inhaltlich nur gegen die sich im Zusammenhang mit den Gewinnzuschätzungen (Tz. 1.5 Buchst. a, Tz. 2 des Betriebsprüfungsberichts betreffend den Betrieb des Antragstellers zu 1)) ergebenden steuerlichen Änderungen.
Die Antragsteller beantragen danach sinngemäß,
die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer vom 06.03.2009 und zum Gewerbesteuermessbetrag vom 11.03.2009 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung insoweit von der Vollziehung auszusetzen, als sich aus den nach dem Ergebnis der Außenprüfung vorgenommenen Gewinnzuschätzungen bei den gewerblichen Einkünften des Antragstellers zu 1) Nachzahlungsbeträge zur ESt bzw. Erhöhungen des GewStMB ergeben.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen,
hilfsweise
eine Aussetzung der Vollziehung von der Stellung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
…
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag ist unzulässig soweit auch die Antragstellerin zu 2) Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über den GewStMB begehrt. Da sich diese Bescheide nur gegen den Betriebsinhaber, den Antragsteller zu 1), richten, fehlt es bei der Antragstellerin zu 2) bereits an der notwendigen Beschwer.
2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig und begründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Absatz 3 und Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24.02.2000 IV B 83/89, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:
a) Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO ist das FA u.a. dann zu einer Schätzung befugt, wenn der St...