rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige Erweiterung des Prüfungszeitraums bei Feststellung von fehlenden Umsatzaufzeichnungen im Prüfungszeitraum

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Finanzamt ist bei einem Kleinbetrieb zur Erweiterung des Prüfungszeitraums über den in § 4 Abs. 3 BpO geregelten Dreijahreszeitraum hinaus berechtigt, wenn es in den bereits geprüften Jahren fehlende Umsatzaufzeichnungen für erhebliche Zeiträume und nicht unerhebliche Änderungen der Besteuerungsgrundlagen festgestellt hat, und deshalb auch im erweiterten Prüfungszeitraum mit entsprechenden Änderungen zu rechnen ist.

2. Dem steht nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige für die weiteren Veranlagungszeiträume bereits von sich aus eine Zuschätzung zu seinem Gewinnermittlungsergebnis vorgenommen hat. Ob aber die Höhe der vorgenommenen Zuschätzung ausreichend ist, kann erst aufgrund der Ergebnisse der Prüfung festgestellt werden.

 

Normenkette

AO § 193 Abs. 1, § 194; BpO § 4 Abs. 3

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller (ASt.) betreibt seit rund 30 Jahren das Ristorante X, zunächst als Einzelunternehmer, seit 01.05.2006 in Form einer atypisch stillen Gesellschaft mit seinem Sohn. Der Betrieb ist als Kleinbetrieb klassifiziert. Die zuletzt durchgeführte Außenprüfung erstreckte sich auf die Jahre 1999 – 2001.

Mit Prüfungsanordnung vom …. 10.2008 ordnete der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) gegenüber dem ASt. eine Außenprüfung für Einkommensteuer (ESt), Umsatzsteuer (USt) und Gewerbesteuer (GewSt) 2004 – 2006 an. Die Prüfung begann am 03.12.2008.

Nach einer am …05.2009 durchgeführten Durchsuchung durch die Steuerfahndung erweiterte das FA die Prüfungsanordnung durch Prüfungsanordnung vom 10.06.2009 auf die ESt 2002, 2003, 2007, USt 2002, 2003, 2007 und GewSt 2002, 2003. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch wandte sich der ASt. gegen die Erweiterung auf die Jahre 2002 und 2003. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.07.2009 zurück. Hiergegen richtet sich die in der Hauptsache unter dem Az. 10 K 2213/09 anhängige Klage.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 10.06.2009 hinsichtlich ESt, USt und GewSt 2002, 2003 wies das FA mit Bescheid vom 19.01.2010 als unbegründet zurück.

Mit dem vorliegenden Antrag verfolgt der ASt. sein Begehren auf Aussetzung der Vollziehung weiter.

Der ASt. beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 10.06.2009 für den Prüfungszeitraum 2002 und 2003 von der Vollziehung auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag ist unbegründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24.02.2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

a) Eine Außenprüfung ist nach § 193 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) u.a. bei Steuerpflichtigen zulässig, die einen gewerblichen Betrieb unterhalten. Nach § 194 Abs. 1 AO dient die Außenprüfung der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Sie kann eine oder mehrere Steuerarten und einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen. Die Finanzbehörde hat das ihr insoweit zustehende Ermessen allerdings durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Betriebsprüfungsordnung (BpO) eingeschränkt. Diese Selbstbeschränkung ist im gerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1987 IV R 109/86, BFHE 149, 101, BStBl II 1987, 361, m.w.N.).

§ 4 Abs. 3 BpO sieht vor, dass bei anderen Betrieben als Großbetrieben und Unternehmen i.S.d. §§ 13 und 19 BpO der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll. Der Prüfungszeitraum kann insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht. Diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH als ermessensgerecht einzustufen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 23.02.2005 XI R 21/04, BFH/NV 2005, 1218; BFH-Beschluss vom 11.08.2005 XI B 207/04, BFH/NV 2006, 9).

Dabei liegt die Voraussetzung, dass „mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist”, regelmäßig bereits dann vor, wenn entsprechende Feststellungen für bereits geprüfte Veranlagungszeiträume getroffen wurden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 9). Entsprechende Änderungen müssen wahrscheinlich sein; vage Vermutungen reichen nicht aus (BFH-Urteil vom 01.08.1984 I R 138/80, BFHE 142, 198, BStBl II 1985, 350). Der BFH vertritt zudem in ständig...

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