Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung wegen Pfändungs- und Einziehungsverfügung betreffend Säumniszuschläge
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in Streitsachen, die die Bezahlung einer Steuer oder von Nebenleistungen betreffen, sowie in den Fällen des § 258 AO nur gegeben, wenn andernfalls die wirtschaftliche oder persönliche Existenz der Antragsteller unmittelbar und ausschließlich bedroht wäre.
2. Die Gründe müssen so schwerwiegend sein, dass sie eine einstweilige Anordnung unabweisbar machen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Antragstellers konkret bedroht ist, nicht jedoch, wenn es sich lediglich um Nachteile handelt, die typischerweise mit der Pflicht zur Steuerzahlung und ggf. auch der Vollstreckung verbunden sind.
3. Hier: Keine Gewährung von Vollstreckungsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung betreffend eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen rückständiger Säumniszuschläge in Höhe von 357 EUR.
4. Ein Anordnungsanspruch kann nicht aus § 258 AO hergeleitet werden, soweit Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsakts erhoben werden oder soweit die Unbilligkeit der Vollstreckung darauf gestützt wird, dass die Bescheide noch nicht unanfechtbar geworden oder angeblich rechtswidrig sind.
Normenkette
FGO § 114 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3; AO §§ 240, 309, 258
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller (ASt) wegen einer Forderung des Antragsgegners (Finanzamt = FA) auf Säumniszuschläge zur Grunderwerbsteuer Vollstreckungsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung zu gewähren ist.
Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2002 teilte das Finanzamt dem Antragsteller mit, dass die am 15. November 2001 fällige Grunderwerbsteuer in Höhe von 14.495,12 EUR dem Finanzamt am 29. Januar 2002 verspätet gutgeschrieben worden sei und deshalb Säumniszuschläge in Höhe von 357,65 EUR angefallen seien. Für den Fall der Nichtzahlung bis zum 10. Februar 2002 kündigte das Finanzamt Vollstreckungsmaßnahmen (z. B. Forderungs-Bankpfändung) an.
Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16. April 2002 pfändete das Finanzamt wegen dieses Anspruchs zuzüglich Kosten der Vollstreckung und Auslagen im Gesamtbetrag von 373,25 EUR bei der … nach § 309 ff. Abgabenordnung AO die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche, Forderungen und Rechte aus den bei der Drittschuldnerin geführten Konten, insbesondere Kto-Nr.: 0 400 937 900.
Nach Zustellung der Verfügung übersandte das Finanzamt dem Antragsteller am 22. April 2002 einen Abdruck hiervon und forderte den Antragsteller auf, sich jeder Verfügung über den gepfändeten Teil der Ansprüche zu enthalten.
Die Drittschuldnerin erkannte die Ansprüche zum Teil an; die eigenen Ansprüche der Bank belaufen sich auf 857,28 EUR zuzügl. Zinsen und Kosten. Die gepfändeten Säumniszuschläge sind derzeit noch nicht getilgt.
Nach den Feststellungen des Finanzamts erzielt der Antragsteller im Jahr 2002 Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit von ca. 46.000,00 EUR, aus Kapitalvermögen von ca. 1.800,00 EUR und ist Eigentümer von 3 vermieteten Immobilienobjekten.
Der Antragsteller beantragt mit seinem Schreiben vom 23. April 2002 die Vollstreckung aus der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts vom 16. April 2002 einstweilen einzustellen und die bereits erfolgten Pfändungsmaßnahmen bei der … oder ggf. anderen Drittschuldnern mit sofortiger Wirkung aufzuheben.
Zur Begründung trägt der Antragsteller u. a. vor, die Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge in Höhe von netto 357,65 EUR sei höchstgrundsätzlich streitbefangen. Bereits im Verwaltungsverfahren habe er mit Antrag vom 27. Februar 2002 eine Aussetzung der Vollziehung betreffend festgesetzter Säumniszuschläge beantragt. Das Finanzamt habe daraufhin mit Schreiben vom 07. März 2002 eine solche als nicht möglich bezeichnet. Nunmehr sei ihm durch Schreiben der Bank vom 19. April 2002 von der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts Kenntnis gegeben worden, aus der die Bank eine totale Kredit- und Kontensperre abgeleitet habe mit der Folge, dass er seine sämtlichen laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen könne und noch nicht einmal mehr seinen elementaren Lebensbedarf decken könne. Bei Abwägung der Für und Gegen, die Sofortvollziehung bzw. Vollstreckung der Säumniszuschläge sprechenden Interessen erweise sich das Vollstreckungsvorgehen des Finanzamts als grob unverhältnismäßig sowie unbillig. Insbesondere habe die Vollstreckung steuerlicher Nebenleistungen von vorneherein eine untergeordnete Priorität. Das Vollstreckungsvorgehen sei nach Art und Zeitpunkt rechtswidrig und sofort einzustellen bzw. aufzuheben. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 23. April 2002 Bezug genommen.
Das Finanzamt beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung...