Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von aus Wertpapier-Sondervermögen ausgeschütteten Gewinnen aus der Veräußerung von ausländischen Aktien im Veranlagungszeitraum 2001, die vor dem 1.1.2001 realisiert „Altveräußerungsgewinne”) und auf Ebene des Wertpapier-Sondervermögens thesauriert wurden: Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung von § 43 KAGG in der Fassung des UntStFG v. 20.12.2001
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit mit dem UntStFG vom 20.12.2001 § 43 Abs. 14 KAGG mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2001 rückwirkend dadurch geändert wurde, dass nach § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG in der Fassung des UntStFG die in § 40 Abs. 1 KAGG in der Fassung des StSenK vom 23.10.2000 angeordnete Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG von Ausschüttungen auf Anteilsscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen, in denen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften enthalten sind, nicht mehr auf Veräußerungen vor dem 1.1.2001 (Altveräußerungsgewinne) anzuwenden ist, ist diese Norm verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auf Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen, die vor der Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses zum UntStFG am 11.12.2001 beschlossen wurden und dem Anteilsinhaber des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen sind, noch die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 2 KStG nach der Rechtslage des § 40 Abs. 1 KAGG in Verbindung mit § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG in der Fassung des StSenkG zur Anwendung kommt.
2. Bei der Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG in der Fassung des UntStFG handelt es sich nicht lediglich um eine Klarstellung mit deklaratorischer Wirkung. Offen bleibt, ob die Vorschrift formell verfassungswidrig, d.h. unter Verletzung von Art. 20 Abs. 2, 76 Abs. 1 GG, verabschiedet worden ist.
Normenkette
KAGG 2001 § 43 Abs. 14 Sätze 1-3, § 40 Abs. 1 S. 1; KStG 2001 § 8b Abs. 2, § 36 Abs. 7; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2-3, Art. 76 Abs. 1; EStG 2001 § 52 Abs. 36 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2001 vom 10.5.2017, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 vom 20.5.2016 und über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2001 vom 10.5.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.12.2017, werden insoweit geändert, als die in 2001 vereinnahmten Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen aus sog. X-Fondsin Höhe von insgesamt 1.107.950.020 DM (566.485.850 EUR) unter Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG 2001 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen im Einzelnen wird dem Finanzamt übertragen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 6 % und der Beklagte zu 94 %.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Besteuerung von aus Wertpapier-Sondervermögen ausgeschütteten Gewinnen aus der Veräußerung von ausländischen Aktien im Veranlagungszeitraum 2001, die vor dem 1.1.2001 realisiert „Altveräußerungsgewinne”) und auf Ebene des Wertpapier-Sondervermögens thesauriert wurden.
Die Klägerin ist eine AG, deren Geschäftszweck … ist. Im Streitjahr 2001 hielt sie sämtliche Anteilsscheine an den Wertpapier-Sondervermögen der „X-Fonds” im Direktbestand. Der X-Fonds hat am 3.12.2001 Zwischenausschüttungen beschlossen, in denen Altveräußerungsgewinne aus ausländischen Aktien in Höhe von 1.107.950.020 DM (566.495 850 EUR) enthalten waren. Die Gutschrift dieser Ausschüttungen bei der Klägerin erfolgte am 6.12.2001. Die Zwischenausschüttungen wurden in der Handels- und Steuerbilanz der Klägerin jeweils in voller Höhe als Beteiligungsertrag gebucht.
Die Klägerin deklarierte in der am 6.11.2002 eingereichten Körperschaftsteuererklärung 2001 die ausgeschütteten Altveräußerungsgewinne in Höhe von 1.107.950.020 DM zunächst nach Maßgabe von § 43 Abs. 14 Satz 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 (UntStFG) als voll steuerpflichtig. Der Körperschaftsteuerbescheid 2001 erging am 6.2.2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und reichte eine geänderte Körperschaftsteuererklärung ein, in der der Beteiligungsertrag in Höhe der ausgeschütteten Altveräußerungsgewinne nunmehr nach § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens außerbilanziell um 1.107.950.020 DM gekürzt wurde. Zur Begründung vertrat die Klägerin die Auffassung, § 43 Abs. 14 ...