rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Urheberrechtliche Voraussetzungen eines „Filmherstellers”. vor Herstellung bzw. Fertigstellung eines Films grundsätzlich keine Aktivierung von Forderungen aus Verträgen über die Einräumung von Filmverwertungsrechten. Auslegung eines einen Film betreffenden Schuldübernahmevertrags

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Fonds ist Filmhersteller i. S. d. § 94 UrhG (und damit Inhaber des Leistungsschutzrechts nach § 94 Abs. 1 UrhG), wenn er hinsichtlich dieses Films die Filmherstellung als Gesamtleistung auf sein Risiko (also nicht nur im eigenen Namen, sondern auch für eigene Rechnung) übernommen und damit die organisatorische und wirtschaftliche Leistung der Filmherstellung tatsächlich erbracht hat.

2. Eine von einem Filmproduktionsfonds durch einen Vertrag über die Einräumung eines Filmverwertungsrechts (hier: Lizenzvertrag i. V. m. Schuldübernahmevertrag) begründete Forderung ist grundsätzlich nach den Bilanzierungsgrundsätzen schwebender Geschäfte frühestens im Veranlagungszeitraum der Herstellung des Films zu aktivieren.

3. Ein zwischen dem Filmproduktionsfonds, dem Filmverleihunternehmen und einer Bank abgeschlossener „Schuldübernahmevertrag” kann steuerlich bereits zum Bilanzstichtag des Jahres vor der Herstellung einen Films eine – rechtlich und bilanziell gegenüber dem Lizenzvertrag selbstständige – hinreichend sicher verursachte und damit in der Bilanz des Filmproduktionsfonds zu berücksichtigende Forderung in Höhe der Schuldübernahmegebühr begründen, wenn die drei Vertragsparteien des Schuldübernahmevertrages diesen als abstrakten Schuldvertrag i. S. d. §§ 780 ff. BGB abschließen wollten und und tatsächlich abgeschlossen haben und nicht etwa (hinsichtlich des Abstraktionswillens bei Vertragsabschluss lediglich) als befreiende Schuldübernahme i. S. d. §§ 414 ff. BGB.

4. Ob nach dem Willen der Vertragsparteien eine selbstständige Verpflichtung i. S. v. §§ 780, 781 BGB neben der Grundverpflichtung begründet werden soll, ist eine Frage des Vertragsinhalts und damit ggf. der Auslegung. Anzunehmen ist dies nur, wenn die mit dem Versprechen übernommene Verpflichtung von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen losgelöst und rein auf den Leistungswillen des Schuldners gestellt werden soll, so dass der Gläubiger sich zur Begründung seines Anspruches nur auf das Schuldversprechen bzw. das Schuldanerkenntnis zu berufen braucht. Entscheidend ist der aus dem Wortlaut, dem Anlass und dem wirtschaftlichen Zweck des Vertrages, der beiderseitigen Interessenlage, der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Ausspruches und den sonstigen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umständen des Falles zu ermittelnde Parteiwille (Ausführungen zur Auslegung eines dreiseitigen, zwischen einem Filmproduktionsfonds, einem Verleihunternehmen und einer Bank abgeschlossenen „Schuldübernahmevertrags” als selbstständiges Schuldversprechen der Bank i. S. d. §§ 780, 781 BGB; im Streitfall: trotz einer „Owner-Default”-Klausel des Filmlizenzvertrages keine Behandlung des Schuldübernahmevertrages als abstraktes Schuldverhältnis).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; HGB § 246 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 4; UrhG § 94 Abs. 1; BGB §§ 414, 780-781, 133

 

Tenor

1. Der geänderte Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom … wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob in der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 2003 eine „Kaufpreis”forderung in Höhe von … EUR gewinnwirksam zu aktivieren ist.

Die mit Gesellschaftsvertrag vom … (Gesellschaftsvertrag; vgl. …) gegründete Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Gesellschaftszweck ist insbesondere die Herstellung und Verwertung/Lizenzierung von Filmprojekten (§ … Gesellschaftsvertrag). Am … schloss sie u.a. folgende, in englischer Sprache verfasste Verträge ab (vgl. Bericht über die Außenprüfung bei der Klägerin vom … – Bericht –):

  • Von der Firma … (Rechteverkäufer) erwarb sie mit einem Vertrag über den Kauf und die Übertragung literarischer Rechte (Stoffrechtevertrag; vgl. Betriebsprüfung – BP – Handakte, …, mit exemplarischer Übersetzung) für … EUR die Stoffrechte am Film „…” (Film).
  • Mit einem Produktionsdienstleistungsvertrag (vgl. …, mit exemplarischer Übersetzung) beauftragte sie die Firma … (Produktionsdienstleister) mit der Produktion des Films mit einem genehmigten Budget in Höhe von (einschließlich des Kaufpreises der genannten Stoffrechte sowie der Gebühr für die – unten genannte – Fertigstellungsgarantie) insgesamt … EUR.
  • Im R...

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