Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts von Grundstücken. Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach dem Bewertungsgesetz §§ 145 BewG. Feststellung des Grundstückswertes zum 31.12.1999
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen der Verkehrswertermittlung durch ein Gutachten ist die Jahresfrist nach ErbStR R 163 Abs. 2 unbeachtlich.
Normenkette
BewG § 145 Abs. 3 S. 3, § 146 Abs. 6-7; ErbStR 163 Abs. 2
Tenor
1. Die angefochtenen Feststellungsbescheide vom 19.02.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 29.09.2003 werden dahin geändert, dass der Grundbesitzwert auf den 31.12.1999 für die wirtschaftliche Einheit in Trostberg, Gemarkung Oberfeldkirchen, Flurstücks Nr. 44 auf 278.000 DM und für die wirtschaftliche Einheit in Trostberg, Ulmenstr. 15 auf 42.000 DM herabgesetzt wird.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Höhe des sog. Bedarfswertes für die Grundstücke in xxxxxxx. auf den 31.12.1999.
Der Kläger erhielt die o.g. Grundstücke zum 31.12.1999 als Schenkung.
Der Beklagte (Finanzamt) stellte mit Bescheiden vom 19.02.2003 (Bl. 5 bzw. 3 der Finanzamts-Akten) den Grundstückswert auf 500.000 DM (xxxx) bzw. 75.000 DM (xxxxx) fest.
Mit dem Einspruch gegen die Bescheide (Schreiben vom 12.02.2003) beantragte der Kläger für die Ermittlung des Grundstückswertes einen gemeinen Wert der Grundstücke von 120 DM/m² anzusetzen. Er legte dazu ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Architekten Dr. xxxxxx vom 26.01.2001 auf den Stichtag 31.12.1999 vor, das für die gesamte FlNr. xxxx diesen gemeinen Wert ausweist. Der Sachverständige ist zugleich Mitglied des Gutachterausschusses beim Landratsamt xxxxxx. Der Gutachter ging dabei nach Einholung einer mündlichen Auskunft der Stadt T von einem Ausgangswert von 150 DM/m² für die Belegenheit xxxxx aus, da in der Bodenrichtwertliste zum 31.12.1998 keine Angaben für die Gemarkung O. gemacht seien.
Nach einer vom Finanzamt eingeholten Auskunft des Gutachterausschusses vom 18.06.2003 ist für das Grundstück FlNr. xxxx ein Bodenrichtwert von 280 DM auf den 01.01.1996 als zutreffend zu unterstellen (Bl. 14 Finanzamts-Akte).
In einer Gutachtensergänzung vom 22.08.2003 (Bl. 105 FG-Akte) hält der Gutachter an dem von ihm ermittelten Wert fest, da dieser durch einen späteren Verkauf in gleicher Belegenheit bestätigt werde und im Übrigen die Ableitung des Richtwertes auf den 01.01.1996 durch den Gutachterausschuss von einer falschen Voraussetzung ausgehe (Richtwert für „T.Altstadt” statt für „T. übriges Stadtgebiet”).
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidungen vom 29.09.2003 als unbegründet zurück und erhöhte den Grundstückswert für das Grundstück FlNr. xxxx auf 574.000 DM und für das Grundstück xxxx auf 86.006 DM.
Das vom Kläger vorgelegte Gutachten sei nicht plausibel. Ausgehend von der Bodenrichtwertliste zum 31.12.1998 bzw. einer mündlichen Auskunft der Stadt T. habe der Gutachter den Wert von 120 DM/m² ermittelt, der nicht nachvollziehbar sei.
Grundsätzlich sei bei der Bodenrichtwertfindung von den Wertverhältnissen 01.01.1996 auszugehen. Insofern und auch wegen der ungerechtfertigten Abschläge könne dieser Wert nicht zugrunde gelegt werden. Abschläge wie für ungünstige Lage und Straßennähe seien mit dem pauschalen Abschlag von 20 % auf den Bodenwert abgegolten. Etwaige Bodenwertangaben der Stadtverwaltung seien für die Grundstückswert-Feststellung ohne Belang.
Ein Nachweis des niedrigeren Verkehrswertes gemäß Bewertungs-Richtlinien 177 Nr. 2 sei damit nicht erbracht.
Die Erhöhung der Grundstückswerte basierte auf der Auskunft des Gutachterausschusses vom 18.06.2003.
Mit der Klage (Schreiben vom 22.10.2003 und 29.04.2004, Bl. 1 f, 41 f FG-Akte) beantragt der Kläger die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass der Feststellung des Grundstückswertes ein nachgewiesener gemeiner Wert von 120 DM/m² zugrunde gelegt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen (Schreiben vom 26.02.2004, Bl. 36 f FG-Akte), hilfsweise die Revision zuzulassen. Es ist der Auffassung, dass ein weiteres Gutachten eines unabhängigen Gutachters einzuholen sei (Schreiben vom 25.5.2004).
Der Senat hielt es für angebracht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Im Streitfall hat der Kläger nach §§ 145 Abs. 3 S. 3 bzw. 146 Abs. 6 und 7 durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. xxxxxx nachgewiesen, dass der gemeine Wert der streitbefangenen Grundstücke niedriger ist als der nach §§ 145 Abs. 3 S. 1 bzw. 146 Abs. 1 mit 5 zu ermittelnde Wert. Das vorgelegte Gutachten samt Ergänzung ist – im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamts...