Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Abzugsfähigkeit der freiwilligen Alters-Vorsorgeaufwendungen des Kindes bei der Grenzbetragsberechnung nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Kosten der Alterversorgung eines Kindes dienen im Unterschied zu Krankenversicherungsaufwendungen nicht der aktuellen Existenzsicherung des Kindes und mindern ebenso wie die Kosten einer privaten Zusatzkrankenversicherung nicht die Kindeseinkünfte im Rahmen der Grenzbetragsberechnung gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
2. Dem steht nicht entgegen, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung ein besonders frühzeitiger Aufbau der privaten Altersvorsorge wünschens- oder empfehlenswert ist.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Abziehbarkeit von privaten Vorsorgeaufwendungen eines gewerbliche Einkünfte erzielenden studierenden Kindes.
Der Kläger ist u.a. Vater des am 12. Januar 1983 geborenen Sohnes C. C schloss sein Studium der Informatik am 6. Mai 2008 ab. Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 forderte die Familienkasse Einkommensnachweise für die Kalenderjahre 2004 bis zum Ende des Studiums an. Ausweislich des vorgelegten Steuerbescheides für das Kalenderjahr 2006 erzielte C Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.956 EUR.
C leistete in 2006 private Vorsorgeaufwendungen in Höhe von insgesamt 1.601,19 EUR. Diese setzten sich zusammen wie folgt:
677,10 EUR |
Beiträge zur freiwilligen gesetzl. Kranken- und Pflegevers. bei der AOK |
63,72 EUR |
Beiträge zur privaten Krankenversicherung, Bay. Beamtenkr.kasse |
240,00 EUR |
Beitrag zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei MLP |
31,68 EUR |
Beitrag fondsgeb. LV, Berufsunfähigkeitszusatzrente, MLP |
55,08 EUR |
Beitrag fondsgeb. LV, Berufsunfähigkeitsrente, MLP |
218,61 EUR |
Beitrag Berufsunfähigkeitsversicherung, DEVK |
315,00 EUR |
Beitrag Rentenversicherung, DEVK |
1.601,19 EUR |
gesamt |
Hinsichtlich der Einzelheiten der Versicherungen wird auf die vorgelegten Vertragsunterlagen verwiesen.
Mit Bescheid vom 30. Juli 2008 hob die beklagte Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für 2006 auf und forderte insoweit überzahltes Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR zurück, weil die Einkünfte und Bezüge des Sohnes den maßgeblichen Grenzbetrag überschritten.
Der deshalb eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der dagegen gerichteten Klage trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Von den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.956 EUR seien unvermeidbare Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 1.604,79 EUR abzuziehen. Gemessen an den Einkünften entspreche dies einem Vomhundertsatz von 18 %, was unter dem Vomhundertsatz der gesetzlichen Sozialversicherung liege. Der Kläger müsse so gestellt werden, als wäre sein Sohn verpflichtet, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Der Bescheid verstoße insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Insbesondere seien die Aufwendungen zur privaten Rentenversicherung auch nicht vermeidbar. Es werde daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht angeregt. Auch die Beiträge zu einer privaten Krankenzusatzversicherung stünden für die Lebenshaltung nicht zur Verfügung. Der Streitfall sei nicht vergleichbar zu den Sachverhalten in den von der Familienkasse zitierten Urteilen. Für seine weitere Berufsausbildung habe C zudem 170 EUR an Semestergebühren aufgewendet. Daher betrage sein verfügbares Einkommen 7.181,21 EUR.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 31. Oktober 2008 sowie vom 9. Februar, 19. März, 14. Mai, 17. Juli und 15. September 2009 jeweils samt Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 30. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt zur Klageerwiderung im Wesentlichen Folgendes vor: Beiträge zu privaten Rentenversicherungen und zu privaten Krankenzusatzversicherungen könnten nicht vom Einkommen des Kindes abgezogen werden. Bei Abzug der nachgewiesenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 677, 10 EUR verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 8.278,90 EUR. Die Einkommensgrenze sei dadurch weiterhin überschritten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Familienkasse wird auf die Schriftsätze vom 5. Januar, 12. März, 28. April, 22. Juni und 31. August 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die Einkünfte und Bezüge des Kindes überschreiten den maßgeblichen Grenzbetrag.
1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht für ein volljähriges Kind Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geei...