rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung fehlerhafter Einstufung von Fahrzeugen als LKW bei Erstzulassungen ab dem 1.7.1996 bei der KraftSt gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Kraftfahrzeugsteuer (bisher 4 K 4520/99)
Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob die Festsetzung der KraftSt bei Fahrzeugen, die ab dem 1.7.1996 erstmalig zugelassen wurden, und die im Erstbescheid zu Unrecht als LKW eingestuft und nach dem zulässigen Gesamtgewicht besteuert wurden, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO änderbar ist, kommt es entscheidend darauf an, ab welchem Zeitpunkt die Finanzverwaltung in der Lage war oder sein musste, eine von vornherein zutreffende Besteuerung der hier einschlägigen, als (Klein-)LKW eingestuften Fahrzeugtypen zu erreichen. Ermöglichen es die Bemühungen der Finanzverwaltung, innerhalb von drei Jahren den ganz überwiegenden Teil der zweifelhaften Fahrzeugtypen mit zwar erheblichem, aber im automatisierten Massenverfahren gerade noch vertretbaren Aufwand einer zutreffenden Erstbesteuerung zuzuführen, so können die wenigen, noch verbliebenen Fahrzeugtypen im Wege eines auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützen Änderungsbescheides der zutreffenden Besteuerung nach dem Hubraum unterworfen werden.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1; KraftStG 1994
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Beklagte (Finanzamt = FA) zu Recht einen Kraftfahrzeugsteuerbescheid, in dem er das Fahrzeug nach dem zulässigen Gesamtgewicht besteuert hat, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO dahingehend geändert hat, dass die Besteuerung nach dem Hubraum erfolgt. Die Streitsache befindet sich im zweiten Rechtszug.
Der Kläger ist seit März 1997 Halter eines von der Verkehrsbehörde als Lkw eingestuften Fahrzeuges mit offener Ladefläche. Aufgrund der ihm von der Zulassungsstelle im Datenträgeraustausch übermittelten Daten hat das FA am 27. März 1997 programmgesteuert einen Kraftfahrzeugsteuerbescheid erlassen, in dem das FA das Fahrzeug nach dem zulässigen Gesamtgewicht – als Lkw – besteuert hat. Mit Bescheid vom 06. Mai 1999 hat das FA diesen Bescheid jedoch, gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), geändert und das Fahrzeug als Pkw nach dem Hubraum besteuert, nach dem ihm am 23.07.1998 bekannt geworden war, dass es sich um einen sog. Pick-Up mit Doppelkabine handelt. Diesen Bescheid hat der Senat mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 1038 veröffentlichtem Urteil aufgehoben, weil das FA bei ab dem 2. Kalenderhalbjahr 1996 zugelassenen Fahrzeugen seine Ermittlungspflicht verletzt habe, wenn es weiterhin die Besteuerung anhand der bislang von den Zulassungsstellen übermittelten Daten durchführe. Auf die Revision des FA hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.07.2001 VII R 68/00, veröffentlicht in BStBl II 2002, 44 die Entscheidung des Senats aufgehoben und die Streitsache an das Finanzgericht (FG) München zurückverwiesen.
Zur Begründung führte der BFH aus, ein die Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ausschließender Ermittlungsverstoß des FA bei Übernahme der verkehrsbehördlich übermittelten Daten liege nicht vor, solange nicht durch eine Umstellung des elektronischen Datenaustausches mit den Verkehrsbehörden die betreffenden abweichend von der verkehrsbehördlichen Einordnung zu besteuernden Fahrzeuge identifiziert werden können. Dies gelte jedenfalls für die Jahre 1994, 1995 und das 1. Halbjahr 1996.
Ob § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auch noch bei Zulassungen ab diesem Zeitpunkt angewandt werden könne, hänge davon ab, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt dem FA – bei entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen der vorgesetzten Behörden der Finanzverwaltung – bei routinemäßigem Erlass von Kraftfahrzeugsteuerbescheiden die richtige Einordnung des betreffenden Kfz – wenn auch nicht notwendigerweise „leicht”, so doch mit zumutbarem Aufwand – möglich gewesen sei. Der Senat habe zu Unrecht unterstellt, dass dies ab dem 2. Kalenderhalbjahr 1996 der Fall gewesen sei. Die Beibehaltung der bisherigen Besteuerungspraxis bedürfe allerdings um so mehr einer Rechtfertigung, je länger den Finanzbehörden die steuerrechtliche Unzuverlässigkeit der verkehrsbehördlichen Einstufung eines Fahrzeugs mit weniger als 2,8 t Gesamtgewicht als Lkw bewusst sein musste und auch tatsächlich bewusst war.
Der BFH gab dem Finanzgericht auf, zu ermitteln, ob die Finanzverwaltung alles ihr mögliche unternommen habe, um eine richtige Besteuerung als (Klein)-Lkw eingestufter Fahrzeuge von Anfang an zu gewährleisten. Für den Fall, dass die verkehrsrechtlich geforderten Angaben eine sichere Einordnung in die Kategorien des Pkw und des Lkw tatsächlich nicht ermöglichten, wurde dem Finanzgericht aufgegeben zu prüfen, warum nicht (ggf. unter Änderung der Kraftfahrzeugsteuerdurchführungsverordnung) vorgesehen worden sei, bei solchen Klein-Lkw eine zusätzliche Steuererklärung zu verlangen, die über die für die Einordnung maßgeblichen Merkmale von Bauart und äußerem Erscheinungsbild des Fahrzeugs hinreic...