Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung von Grundbesitz durch Ausgliederung auf eine schon länger, aber weniger als fünf Jahre bestehende Tochtergesellschaft nicht nach § 6a GrEStG grunderwerbsteuerbefreit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Überträgt eine Gesellschaft durch eine Ausgliederung (im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG in Verbindung mit § 123 Abs. 3 Nr.1 UmwG) Grundbesitz auf eine Tochtergesellschaft, die schon vor der Ausgliederung gegründet worden ist und noch keine fünf Jahre besteht, so ist diese Übertragung durch Ausgliederung mangels Einhaltung der Vorbehaltensfrist gem. § 6a Abs. 4 GrEStG nicht nach § 6a GrEStG steuerbefreit.

2. § 6a Satz 4 GrEStG kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass bei einer Ausgliederung nach dem UmwG nicht nur dann auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist verzichtet werden kann, wenn es sich um eine Ausgliederung zur Neugründung handelt, sondern auch dann, wenn das abhängige Unternehmen innerhalb der fünfjährigen Vorbehaltensfrist gegründet worden ist.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 6a Sätze 1, 3-4; UmwG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.05.2023; Aktenzeichen II B 27/22)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt (FA) die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zu Recht nicht gewährt hat.

Die Klägerin, eine 100%ige Tochter der X AG, wurde 2017 gegründet und im April 2017 ins Handelsregister eingetragen. Gesellschaftszweck der Klägerin ist der Erwerb, Verkauf und das Verwalten von eigenen Immobilien.

Mit notariell beurkundetem Ausgliederungsvertrag vom 7. Juli 2017 übertrug die X AG aus ihrem Vermögen den Teilbetrieb „Verwaltung aller betriebsnotwendiger Immobilien” auf die Klägerin. Die Übertragung erfolgte gem. § 123 Abs. 3 Ziff. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme aller Aktiva und Passiva des Teilbetriebs „Verwaltung aller nicht betriebsnotwendigen Immobilien” als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten auf die Klägerin. Der umfangreiche übertragene Grundbesitz war in der Anlage des Vertrages aufgelistet. Die Übertragung erfolgte im Innenverhältnis zum 1. Januar 2017 gegen Gewährung eines neuen Geschäftsanteils an der übernehmenden Gesellschaft i.H.v. 1.000 EUR an die übertragende Gesellschaft. Zur Durchführung der Ausgliederung erhöhte die Klägerin ihr derzeitiges Stammkapital von 25.000 EUR auf 26.000 EUR. Das Eigentum an dem übertragenen Grundbesitz sollte mit Vollzug der Ausgliederung im Register für die übertragende Gesellschaft übergehen. Die anfallende Grunderwerbsteuer hatte die Klägerin zu tragen.

Die Ausgliederung wurde am 2. August 2017 in das Handelsregister für die X AG eingetragen.

Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 25. August 2017 stellte das FA gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) die Besteuerungsgrundlagen für den im August 2017 durch Handelsregistereintragung der Umwandlung verwirklichten Grundstückserwerb der Klägerin i.S.d. 1. Abs. 1 Nr. 3 GrEStG gesondert fest. Die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG berücksichtigte es nicht. Die Grundstücke, auf die sich der Vorgang bezog, sowie die Feststellungen dazu ergaben sich aus der dem Bescheid beigefügten Anlage.

Zur Begründung des fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, der Erwerbsvorgang sei im Streitfall gem. § 6a Satz 1 GrEStG von der Steuer befreit. Satz 4 des § 6a GrEStG sei dergestalt eingeschränkt auszulegen, dass im Streitfall eine Vorbesitzzeit von fünf Jahren nicht erforderlich sei. Auch seien Einzeldaten aus der Notarurkunde in der Anlage zum Feststellungsbescheid unzutreffend übernommen worden.

Im gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 30. Oktober 2017 korrigierte das FA in der Anlage des Feststellungsbescheides unzutreffend aus der Notarurkunde übernomme Einzeldaten. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2021 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die Klägerin habe die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG von fünf Jahren im Zeitpunkt der Vermögensübertragung nicht erfüllt. Die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG könne daher nicht gewährt werden.

Zur Begründung der fristgerecht eingereichten Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor: § 6a Satz 4 GrEStG sei dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssten, als sie aufgrund des Umwandlungsvorgangs auch tatsächlich eingehalten werden könnten. Bei einer Neugründung innerhalb des Fünfjahreszeitraums, wie im Streitfall, sei deshalb lediglich die Einhaltung der fünfjährigen Nachbehaltensfrist...

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