Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a EStG ab 1993, wenn nur Zukunftssicherungsleistungen für Arbeitslosigkeit erbracht werden
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Kürzung des Vorwegabzugsbetrages um 16 v.H. des Arbeitslohnes ist seit der Änderung des § 10 Abs. 3 EStG durch das StMBG unabhängig davon vorzunehmen, ob der Arbeitgeber Beiträge innerhalb einer Gruppe der Zukunftssicherungsleistungen in vollem Umfang oder nur teilweise übernimmt und ob Pflichtbeiträge nur in einer einzelnen Gruppe entrichtet werden.
2. Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob die typisierende Vereinfachungsregelung des § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a EStG noch dem Grundgedanken der Kürzungsvorschrift entspricht, eine Gleichstellung mit selbständig Tätigen zu erreichen, wenn der Arbeitgeber als Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG lediglich Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abführt.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 3 S. 2 Buchst. a, § 3 Nr. 62; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Gründe
I.
Streitig ist, ob im Rahmen des Sonderausgabenabzugs von Vorsorgeaufwendungen der Vorwegabzug ungekürzt in Ansatz zu bringen ist.
Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl erzielte in den Streitjahren u. a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zu diesen gehörten Versorgungsbezüge aus einem früheren Dienstverhältnis bei der Bundeswehr. Außerdem bezog er ein Gehalt von der Fa. … GmbH (im Folgenden Arbeitgeberin), bei der er als Pilot beschäftigt ist. Im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses wurden keine Renten- und Krankenversicherungsbeiträge entrichtet. Unstreitig wurden von der Arbeitgeberin aber Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet und abgeführt.
In den Einkommensteuerbescheiden 1997 vom 16.6.1999 und 5.7.1999 (Einkommensteuer: 36.710 DM) ließ der Beklagte (Finanzamt –FA–) hinsichtlich der geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Höchstbetragsbegrenzung zwar den Grundhöchstbetrag (§ 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG) und zusätzlich den hälftigen Grundhöchstbetrag (§ 10 Abs. 3 Nr. 3 EStG) zum Abzug zu. Nicht in Abzug gebracht wurde aber der zusätzliche Vorwegabzug gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG, weil der dafür vorgesehene Höchstbetrag (12.000 DM) gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a) EStG um 16 % der Einnahmen aus der Tätigkeit als Pilot (129.858 DM × 16 % = 20.777 DM) gekürzt wurde, so dass kein berücksichtigungsfähiger Betrag mehr verblieb.
Demgegenüber hatte das FA für die Jahre 1994 und 1995 den Abzug der geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen ungekürzt zugelassen.
Der wegen Nichtberücksichtigung des Vorwegabzugs gegen den Einkommensteuerbescheid 1997 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (EE vom 27.8.1999, ESt-Akte 1997 Bl 49). Das FA begründete dies damit, dass der Kl zum Personenkreis des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 EStG gehöre.
Mit der Klage wird geltend gemacht, dass der Kl nicht zu diesem Personenkreis gehöre und damit eine Kürzung des Vorwegabzugs i. S. des § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchstabe a) EStG nicht zulässig sei. Die Vorschrift des § 10 c Abs. 3 Nr. 1 EStG sei nicht einschlägig, weil keine Anwartschaften oder Ansprüche auf Altersversorgung aus dem aktiven Beschäftigungsverhältnis aufgebaut würden. Mit Schriftsatz vom 2.4.2001 wurde vorgetragen, dass auch die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a), 1. Alternative EStG nicht zum Tragen komme, weil die von der Arbeitgeberin abgeführten Arbeitslosenversicherungsbeiträge keine Zukunftssicherungsleistungen i. S. des § 3 Nr. 62 EStG darstellten. Der Schutz vor den wirtschaftlichen Folgen der Arbeitslosigkeit sei keine Zukunftssicherung im Sinne dieser Vorschrift. Dies ergebe sich beispielsweise daraus, dass der Bezug von Arbeitslosengeld zeitlich auf ein Jahr begrenzt sei. Außerdem sei nicht sicher, ob der Kl als Bezieher von Versorgungsbezügen tatsächlich Arbeitslosengeld erhalten würde. Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV zählten zu den Zukunftssicherungsleistungen allein Leistungen des Arbeitgebers zur Absicherung gegen Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter, Tod und den Pflegefall. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung fielen nicht darunter.
Im übrigen sei es widersinnig, wenn der Vorwegabzug um den vollen Kürzungsbetrag (16 % des Arbeitslohnes) gemindert würde. Allenfalls könne eine Kürzung um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Betracht gezogen werden.
Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erließ das FA am 25.10.1999 einen gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997, der zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde.
Mit Beschluss des Gerichts vom 2.4.2001 wurden die Klagen i. S. Einkommensteuer 1993 und 1996 vom vorliegenden Verfahren abgetrennt. Diese werden nunmehr unter dem Aktenzeichen 1 K 1502/01 weitergeführt.
Die Kl beantragen,
- den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 25.10.1999 in der Weise zu ändern, dass die geltend gemachten Vorsorge...