rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Dienstreisegrundsätze für Berufsschulfahrten bei an die Arbeitsstätte angeschlossener Berufsschule

 

Leitsatz (redaktionell)

Fahrtkosten eines Auszubildenden zur Berufsschule sind wie Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und nicht nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Berufsschule an seine regelmäßige Arbeitsstätte am Betriebssitz des Ausbildungsbetriebs angeschlossen ist (im Streitfall: Krankenhaus mit angeschlossener Krankenpflegeschule). Auch Verpflegungsmehraufwendungen können für die Berufsschultage nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin (Klin) ist die Mutter der am … 08.1987 geborenen J.

J befand sich in der Zeit von 01.10.2005 bis 30.09.2009 in einer Berufsausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Die Ausbildung fand im Krankenhaus in A, B-Str. 46, statt. Der Berufsfachschulunterricht wurde in der Berufsfachschule für Krankenpflege in A, B-Str. 8 erteilt.

Die Beklagte (die Familienkasse – FK –) nahm auf der Grundlage der von der Ausbildungsstelle mitgeteilten Lohndaten eine Prognoseberechnung über die voraussichtlichen Einkünfte der J im Jahr 2008 vor. Diese führte unter Ansatz der um den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung verminderten Ausbildungsvergütung in Höhe von 8.730,26 EUR und des Arbeitnehmerpauschbetrags in Höhe von 920 EUR zu einem Überschreiten des Grenzbetrags für die kindergeldrechtlich anzusetzenden eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes. Die FK hob daraufhin mit Bescheid vom 28.02.2008 die Kindergeldfestsetzung für J ab Januar 2008 auf.

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klin weitere Werbungskosten der J wie folgt geltend:

Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte

122 × 11,5 km × 0,30 EUR

402,60 EUR

Mitgliedsbeiträge Gewerkschaft

154,14 EUR

Arbeitsschuhe

40,00 EUR

Fahrten Wohnung-Berufsschule

104 × 23 km × 0,30 EUR

717,60 EUR

Kopierkosten

15,00 EUR

Seminargebühr

65,00 EUR

Fahrtkosten Seminar

2 × 27 km × 0,30 EUR

16,20 EUR

Summe

1.410,54 EUR

Die FK ermittelte daraufhin erneut die Lohndaten und errechnete die Einkünfte wie folgt:

Bruttolohn

12.022,82 EUR

AN-Anteil Sozialversicherung

-2.503,83 EUR

Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte/Berufsschule

226 × 12 km × 0,30 EUR

-813,60 EUR

Mitgliedsbeiträge Gewerkschaft

-154,14 EUR

Arbeitsschuhe

-40,00 EUR

Kopierkosten

-15,00 EUR

Seminargebühr

-65,00 EUR

Fahrtkosten Seminar

2 × 27 km × 0,30 EUR

-16,20 EUR

Summe

8.415,05 EUR

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.03.2009 wies die FK den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Fahrten zur Berufsfachschule auch nach den Ausfüllhinweisen der FK zur Erklärung über die Werbungskosten als Auswärtstätigkeit zu behandeln seien. Die Einkünfteberechnung sei daher wie folgt durchzuführen:

Bruttolohn

12.022,82 EUR

AN-Anteil Sozialversicherung

-2.503,83 EUR

Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte

122 × 12 km × 0,30 EUR

-420,90 EUR

Fahrten Wohnung-Berufsschule

104 × 23 km × 0,30 EUR

-717,60 EUR

Verpflegungsmehraufwendungen

104 × 6 EUR

-624,00 EUR

Mitgliedsbeiträge Gewerkschaft

-154,15 EUR

Arbeitsschuhe

-40,00 EUR

Kopierkosten

-15,00 EUR

Seminarkosten

-62,50 EUR

Summe

7.484,84 EUR

Die Klin beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 28.02.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.03.2009 aufzuheben.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie ergänzend darauf, dass die Entfernung zur Arbeitsstätte nach Routenplanerberechnung nur 10 km betrage. Die Berechnung sei daher wie folgt durchzuführen:

Bruttolohn

12.022,82 EUR

AN-Anteil Sozialversicherung

-2.503,83 EUR

Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte/Berufsschule

226 × 10 km × 0,30 EUR

-678,00 EUR

Mitgliedsbeiträge Gewerkschaft

-154,14 EUR

Arbeitsschuhe

-40,00 EUR

Kopierkosten

-15,00 EUR

Seminargebühr

-62,50 EUR

Summe

8.569,35 EUR

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 03.05.2010 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage ist unbegründet.

Da sich J während des gesamten Jahres 2008 in Berufsausbildung befand, ist sie nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) zwar grundsätzlich für den Kindergeldanspruch der Klin zu berücksichtigen. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG schließt einen Kindergeldanspruch jedoch aus, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, 7.680 EUR im Kalenderjahr übersteigen. Im vorliegenden Fall überschreiten die Einkünfte der J diesen Grenzbetrag.

Die Einkünfte sind wie folgt zu berechnen:

a) Die positiven Einkünfte sind un...

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