Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.02.1999; Aktenzeichen VII R 112/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Wirksamkeit der Abtretung eines Anspruchs auf Erstattung von Einkommensteuer.

Die Klägerin (Klin) ist eine Gesellschaft polnischen Rechts, die in Deutschland in der Baubranche als Subunternehmerin tätig ist. Sie beschäftigte polnische Arbeitnehmer, u. a. den Arbeitnehmer K. (K.), der im Streitjahr 1991 unbeschränkt steuerpflichtig war. In dem in Polen abgeschlossenen Arbeitsvertrag wurde ein fester Grundlohn in DM vereinbart, der an Kl zu 100 % ausgezahlt werden sollte. Für das Jahr 1991 wurde beim Finanzamt (FA) … eine von K. unterschriebene Einkommensteuererklärung eingereicht unter Angabe einer Kontonummer der Klin für etwaige Steuererstattungen. In einer Anzeige vom 28.5./27.6.1993 wurde dem FA … die Abtretung eines Anspruchs auf Steuererstattung mitgeteilt. Die im Vordruck vorgesehene Rubrik „Bezeichnung des Anspruchs” enthält keine Eintragungen. Jedoch ist neben der – durch Ankreuzen zu markierenden – Zeile „Lohnsteuer-Jahresausgleich bzw. Einkommensteuerveranlagung” die Jahreszahl 1991 vermerkt. Als Grund der Abtretung ist „Nettolohn-Vereinbarung” angegeben.

Der Beklagte (das Zentralfinanzamt –ZFA–) hielt die Abtretung für unwirksam, weil es sich um den geschäftsmäßigen Erwerb von Erstattungsansprüchen handele. Das ZFA erließ unter dem Datum des … 4.1994 einen Abrechnungsbescheid, in dem es die Unwirksamkeit der Abtretung feststellte. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom ….1.1995). Das ZFA hielt an der Auffassung fest, die Klin erwerbe geschäftsmäßig Erstattungsansprüche. Etwaige Regelungen des polnischen Rechts, nach denen der Arbeitgeber zur Übernahme der Steuern des Arbeitnehmers verpflichtet sei, änderten hieran nichts.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung im wesentlichen vorgetragen wird:

Das Rechtsverhältnis zwischen der Klin und K. bestimme sich nach polnischem Recht. Maßgebend sei der Beschluß Nr. 71 des polnischen Ministerrats vom 3.5.1989, den die Klin auszugsweise in nicht amtlicher Übersetzung vorgelegt hat. Die Klin sei nach polnischem Recht verpflichtet, ihren Arbeitnehmern den vereinbarten Lohn in voller Höhe auszuzahlen. In Deutschland anfallende Lohnnebenkosten habe die Klin zu tragen. Im deutschen Recht sei eine derartige rechtliche Gestaltung nicht bekannt. Die Zahlung eines in konstanter Größe geschuldeten Lohns sei nach deutschem Arbeitsrecht als Nettolohnvereinbarung anzusehen. Die Klin habe dementsprechend den geschuldeten Nettolohn auf einen Bruttolohn hochgerechnet und dem vollen Lohnsteuerabzug unterworfen. Für die polnischen Arbeitnehmer sei es im Hinblick auf die getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen völlig unerheblich, wie hoch der Erstattungsanspruch sei, der sich aufgrund der deutschen Lohnsteuervorschriften ergebe. Das Verfahren sei von den Beteiligten nur gewählt worden, um dem sich nach polnischem Recht ergebenden Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglichst nahe zu kommen, ohne deutsche Rechtsvorschriften zu verletzen. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich keine Geschäftsmäßigkeit i. S. von § 46 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/2852, S. 47) erwerbegeschäftsmäßig Steuererstattungsansprüche, wer die Tätigkeit selbständig in der Absicht, sie zu wiederholen, ausübe. Das Verbot des geschäftsmäßigen Erwerbs diene in erster Linie dazu, unseriöse Vorfinanzierungen zu verhindern. In den von der Finanzrechtsprechung entschiedenen Fällen, in denen Geschäftsmäßigkeit bejaht worden sei, sei es um Steuererstattungsansprüche gegangen, die Steuerberatern zur Sicherung ihrer Honorarforderungen gegen Mandanten abgetreten worden seien. Die bisherige Rechtsprechung entspreche dem Gesetzeszweck des § 46 AO, den sog. Lohnsteuerkartenhandel zu verhindern, durch den Arbeitnehmer oftmals übervorteilt würden. Die Sachverhalte, über die die Finanzrechtsprechung bisher entschieden habe, seien mit dem Streitfall nicht zu vergleichen. Aufgrund der Nettolohnvereinbarung habe die Klin gegenüber ihren Arbeitnehmern Forderungen in einer Höhe, die exakt den Erstattungsansprüchen entspreche. Die Vorschrift des § 46 Abs. 4 AO könne ihrem Sinngehalt nach nicht angewandt werden, da es zu einer Übervorteilung nicht kommen könne. Das von der Klin praktizierte Verfahren sei die einzige Möglichkeit, die dem polnischen Recht unterliegenden Arbeitsverträge auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. Die Klin beschäftige nicht nur unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, sondern auch beschränkt steuerpflichtige. Eine Unterscheidung nach unbeschränkter/beschränkter Steuerpflicht sollte jedoch nach dem Willen der Klin und nach der Auffassung ihrer Arbeitnehmer bei der Bezahlung keine Rolle spiel...

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