rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld, einjähriger Auslandsaufenthalt während der Elternzeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Durch die befristete Untervermietung der möblierten Räume für den Zeitraum vom 27.8.2014 bis zum 26.8.2015 hat der Kläger den Wohnsitz im Inland nicht aufgegeben. Vielmehr erfolgte lediglich eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort während des einjährigen Aufenthaltes in den USA.
2. Aus den vorgelegten Bescheinigungen der Arbeitgeber des Klägers und seiner Ehefrau geht klar hervor, dass die Arbeitsverhältnisse nach Ablauf der Elternzeit weitergeführt werden. Diese von vornherein befristete Abwesenheit während des dritten Jahres der Elternzeit für die Tochter steht der Beibehaltung des Wohnsitzes nicht entgegen, auch wenn innerhalb dieser zwölf Monate eines besuchsweise Rückkehr zum Wohnsitz etwa zu Ferienzwecken wegen der großen Entfernung oder aus Kostengründen nicht beabsichtigt und tatsächlich nicht erfolgt ist.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 3
Tenor
1. Der Bescheid vom 27. Oktober 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob dem Kläger im Zeitraum Oktober 2014 bis Juli 2015 Kindergeld für seine Töchter, geboren am 11. Februar 2010 und am 9. April 2012, zusteht.
Der Kläger erhielt für seine Töchter laufend Kindergeld. Mit Schreiben vom 6. August 2014 teilte er der Familienkasse mit, dass er mit seiner Ehefrau und den Töchtern vom 1. September 2014 bis 31. August 2015 für ein Jahr in Elternzeit gehen und sich in diesem Zeitraum in den USA aufhalten würde. Die bisherige 5-Zimmer-Wohnung in der …straße 17 würde untervermietet (vgl. Untermietvertrag mit X und Y für den Zeitraum 27. August 2014 und 26. August 2015). Daraufhin hob die Familienkasse mit Bescheid vom 27. Oktober 2014 die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum Oktober 2014 bis Juli 2015 auf und forderte das Kindergeld für Oktober 2014 zurück.
Den dagegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass zumindest bis zum 31. Dezember 2014 wegen seiner unbeschränkten Steuerpflicht ein Anspruch auf Kindergeld bestünde. Er sei Arbeitnehmer bei D und erhalte auch in seiner Elternzeit Provisionen und Tantiemen. Ebenso erziele er aus der Untervermietung der Wohnung Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Da er und seine Ehefrau mehr als 186 Tage in Deutschland anwesend gewesen seien, sei ihr Einkommen aufgrund des mit den USA bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland versteuert worden. Spätestens zum 26. August 2015 werde die Familie wieder nach Deutschland zurückkommen. Der derzeitige Lebensmittelpunkt liege in den USA, da er und seine Ehefrau über eine Greencard verfügten. Im Fall einer früheren Rückkehr könne bei den Großeltern untergekommen werden. Der Einspruch hatte jedoch keinen Erfolg, er wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Er sei mit seiner Familie am 2. September 2014 von Frankfurt in die USA geflogen und am 26. August 2015 nach Deutschland zurückgekehrt. Seine Wohnung habe er während seines Aufenthalts in den USA untervermietet und im August 2015 wieder bezogen. Die Rückkehr der Familie nach Deutschland sei von Anfang an geplant gewesen. So ergebe sich aus den Bestätigungen seines Arbeitgebers vom 24. Juni 2014 und der Bestätigung des Arbeitgebers seiner Ehefrau, der Firma GmbH vom 28. Mai 2014, dass lediglich Elternzeit in Anspruch genommen wurde, die Arbeitsverhältnisse jedoch weiterbestanden hätten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 27. Oktober 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015 aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung trägt sie vor, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld nicht vorlägen, da der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland im Streitzeitraum wegen der Untervermietung seiner Wohnung aufgegeben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Familienkasse, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 27. Oktober 2014, mit dem die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Töchter des Klägers gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) aufgehoben und das für Oktober 2014 gezahlte Kindergeld zurückgefordert hat, und die Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015 sind rechtwidrig. Der Kläger und seine Töchter haben...