rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besonderer Versicherungssteuersatz für Hagelversicherungen bei landwirtschaftlichen Mehrgefahrenversicherungen. Bestimmtheit eines Nacherhebungsbescheids über Versicherungssteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der im Vergleich zum Regelsatz günstigere Versicherungssteuersatz für Hagelversicherungen gem. § 6 Abs. 2 Nr. 4 VersStG kann nicht auf neben dem Hagel auch das Risiko von Unwetter und Pflanzenkrankheiten beinhaltende sog. Mehrgefahrenversicherungen ausgedehnt werden. Der besondere Steuersatz findet auf eine Mehrgefahrenversicherung nur insoweit Anwendung, als auch eine Hagelversicherungen enthalten ist. Dies setzt die Evidenz des Besteuerungsmaßstabes des Hagelversicherungsanteils voraus, d. h. dem Versicherungsnehmer muss die versicherungsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage aus der ihm übermittelten Beitragsrechnung vor Verwirklichung des Besteuerungstatbestandes in Gestalt der Bezahlung des Versicherungsentgeltes offengelegt werden.

2. Auch bei der Versicherungsteuer ist das FA nicht verpflichtet, nach Abschluss einer Außenprüfung die im Prüfungsbericht hinreichend erläuterten, nachzuentrichtenden oder zu erstattenden Steuerbeträge, die gem. § 10 Abs. 4 VersStG mit der Versicherungssteuer für den laufenden Anmeldezeitraum festgesetzt werden, auf die früheren, bereits abgelaufenen Anmeldungszeiträume aufzugliedern (Anschluss an FG Köln v. 22.3.2012, 11 K 3180/08; Rev. beim BFH, Az.: II R 18/12)

 

Normenkette

VersStG § 6 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 1, § 10 Abs. 4; AO § 167 Abs. 1 S. 1; VVG § 108

 

Tenor

1.) Der Versicherungsteuerbescheid für den Zeitraum April 2009 vom 17. Juni 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2009 wird dahingehend geändert, dass die hierin festgesetzte Versicherungsteuer in der Summe auf 247.117,38 EUR herabgesetzt wird, wobei hiervon auf

  1. die laufende Versicherungsteuerschuld für den Anmeldungszeitraum April 2009 ein Betrag von 28.341,07 EUR,
  2. die Versicherungsteuer-Nachforderung wegen der Mehrgefahrenversicherungsverträge Hagel/BRF für den Besteuerungszeitraum Dezember 2004 ein Betrag von 0.– EUR, für die Besteuerungszeiträume Januar bis Dezember 2005 ein Betrag von 2.378,35 EUR, für die Besteuerungszeiträume Januar bis Dezember 2006 ein Betrag von 4.558,43 EUR und auf
  3. die Versicherungsteuer-Nachforderung wegen der Mehrgefahrenversicherungsverträge Hagel-Super, Hagel-Maxi und Hagel-Classic für den Besteuerungszeitraum Dezember 2004 ein Betrag von 0,38 EUR, für die Besteuerungszeiträume Januar bis Dezember 2005 ein Betrag von 108.947,06 EUR, für die Besteuerungszeiträume Januar bis Dezember 2006 ein Betrag von 102.892,09 EUR

entfallen.

2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.) Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu24/100 und der Beklagte zu 76/100.

4.) Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten zum einen darüber, ob hinsichtlich eines Teiles einer für mehrere Kalenderjahre festgesetzten Versicherungsteuer-Nachforderung im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war und in der Sache zum anderen darüber, ob auf eine Mehrgefahrenversicherung im Bereich der Landwirtschaft der für Hagelversicherungen geltende Steuersatz auch dann Anwendung findet, wenn zusätzlich zum Hagelrisiko noch weitere Gefahren abgesichert werden.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft und hat den Vertrieb von Versicherungen im Bereich der Landwirtschaft zum Unternehmensgegenstand. Die monatlichen Versicherungsteueranmeldungen reichte die Klägerin in den Jahren 2002 bis einschließlich 2006 ausnahmslos den gesetzlichen Vorschriften entsprechend innerhalb der Frist bis zum 15. des jeweiligen Folgemonats bei dem seinerzeit für die Festsetzung der Versicherungsteuer zuständigen Rechtsvorgänger des Beklagten, dem damaligen Finanzamt X ein. Dies gilt auch für die Versicherungsteueranmeldung für Juni 2006, die den Eingangsstempel der Finanzbehörde vom Montag, den 17. Juli 2006 (Frühleerung) trägt. Das damalige Finanzamt X ordnete mit Bescheid vom 30. November 2006 bei der Klägerin für die Besteuerungszeiträume vom Januar 2002 bis einschließlich Dezember 2005 die Durchführung einer Außenprüfung an, die es mit ergänzender Prüfungsanordnung vom 15. Oktober 2007 noch um die Prüfungszeiträume von Januar bis Dezember 2006 erweiterte. Die Außenprüfung fand von Dezember 2006 bis Dezember 2008 statt. Laut Prüfungsbericht vom 5. Dezember 2008 stellte der Außenprüfer fest, dass die Klägerin so genannte landwirtschaftliche Mehrgefahrenversicherungen vertrieben hatte, bei denen nicht nur das Hagelschlagrisiko, sondern je nach Versicherungsprodukt auch andere Gefahren, wie weitere wetterbedingte Risiken wie Sturm, Frost, Wolkenbruch, Hochwasser, Trockenheit oder auch schädlingsbedi...

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