Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Gehör bei Abweichen des FA von der Steuererklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Weicht das FA im Steuerbescheid von der Steuererklärung ab und erläutert dies im Bescheid, so ist das Fehlen der Worte „abweichend von der Steuererklärung” unschädlich.

 

Normenkette

AO § 91 Abs. 1 S. 2, § 126 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte, das Finanzamt (FA), zu Recht den Einspruch als unzulässig verworfen hat.

I.

Der Schenker H. hat mit Übertragungs- und Versorgungsvertrag vom 2. Januar 1997 den Betrieb eines landwirtschaftlichen Lagerhauses in … mit allen Aktiven und Passiven gegen eine monatliche lebenslange Rente von 3.000 DM an seinen Sohn, den Kläger, zum Alleineigentum übertragen.

Das FA hat die Besteuerungsgrundlagen anhand der Angaben des steuerlich beratenen Klägers in der Schenkungsteuererklärung (Eingang 17. April 2000/Bl. 28 FA-Akte) und der Mitteilung des Finanzamts … hinsichtlich des festgestellten Grundstückswerts in Höhe von 1.231.000 DM für das Betriebsgrundstück … ermittelt. Das FA setzte mit Bescheid vom 25. Mai 2001 (Bl. 44/FA-Akte) gegen den Kläger eine Schenkungsteuer in Höhe von 14.938 DM, entgegen der Berechnung des steuerlichen Vertreters mit 0 DM (Bl. 41 FA-Akte), fest (Wert des Erwerbs 1.688.257 DM, davon anzusetzen wegen gemischter Schenkung 1.372.250 DM, abzüglich Freibetrag § 13 a Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG– 500.000 DM, abzüglich Abschlag § 13 a Abs. 2 ErbStG 348.900 DM, zuzüglich Vermögen aus dem Vorerwerb vom 1. November 1994 12.460 DM, abzüglich Freibetrag § 16 ErbStG 400.000 DM, verbleiben 135.810 DM, Steuerklasse I, Steuersatz 11 v.H.). Das FA hat den Ansatz der Vermögenswerte und die Ermittlung der gemischten Schenkung und den verminderten Wertansatz des Vermögens nach § 13 a Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG sowie den Ansatz des Verkehrswerts der Leistung des Schenkers im Bescheid erläutert (s. Bl. 46). Den Schenkungsteuerbescheid hat das FA an den Kläger adressiert und ihn am 25. Mai 2001 (Freitag) mit einfachem Brief zur Post gegeben.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2001, eingegangen per Frühleerung am 11. Juli 2001, erhob der steuerliche Berater des Klägers gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 25. Mai 2001 Einspruch und beantragte wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde damit begründet, dass die erforderliche Anhörung vor Erlass des angefochtenen Schenkungsteuerbescheides unterblieben sei und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Bescheids versäumt worden sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2001 verwarf das FA den Einspruch als unzulässig.

Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass das FA zu Unrecht seinen Einspruch als unzulässig verworfen habe, weil er vor Erlass des Steuerbescheids trotz wesentlicher Abweichung von seiner Steuererklärung nicht gehört worden sei und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Schenkungsteuerbescheids versäumt habe. Außerdem tauche in den Erläuterungen zum Bescheid nie das Wort „Abweichung” oder „abweichend von der Erklärung” als Begründung auf. Nach der Rechtsprechung sei bei der Prüfung der Frage, ob die unterlassene Anhörung bzw. fehlende Begründung kausal für die Versäumung der Einspruchsfrist gewesen sei, ein großzügiger Maßstab anzulegen. Demnach sei von einem Verkehrswert der Leistung des Schenkers in Höhe von 750.000 DM statt 2.462.000 DM auszugehen.

Der Kläger beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 25. Mai 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2001 ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt Klageabweisung.

Am 6. Februar 2002 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung statt gefunden. Auf die Niederschrift vom gleichen Tag wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf die Begründung der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2001, die keinen Rechtsfehler erkennen lässt und der er sich anschließt.

Ergänzend führt der Senat aus, dass, obwohl in den Erläuterungen zum Steuerbescheid die Worte „abweichend zu der Steuererklärung” fehlen, darin hinreichend gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) die erforderliche Anhörung des Steuerpflichtigen (§ 91 Abs. 1 Satz 2 AO) nachgeholt wurde, indem mitgeteilt wurde, dass der Verkehrswert des Betriebsgrundstücks mit dem Zweifachen des festgestellten steuerlichen Grundstückswertes (2.462.000 DM) angesetzt wurde. Nachdem der steuerliche Berater dafür nur 750.000 DM angesetzt und eine Schenkungsteuer von 0 DM errechnet hatte (s. Bl. 41 FA-Akte), hätte der Kläger ohne weiteres die Abweichung erkennen müssen, zumal davon auszugehen ist, dass bei diesem einmaligen bedeutsamen Vorgang der Kläger von der Berechnung seiner steuerlichen Berater wissen musste. Auch der BFH hielt in seinem Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 19/81, BStBl II 1985, 601 die bloße Erläuterung der Abweichung (Finanzamt hatte statt der Schätzung des Gewinns durch...

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