rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung erst im Klageverfahren eingereichter berichtigter Erklärungen nach Setzung einer Ausschlussfrist durch das FA im Einspruchsverfahren; Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits; Abhilfebescheid des FA im Klageverfahren auch nach vorheriger Setzung einer Ausschlussfrist nach § 364b AO 1977 zulässig; Kostenpflicht des FA bei zu Unrecht verweigertem Erlass eines Abhilfebescheids im Klageverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch wenn das FA im Einspruchsverfahren wirksam eine Auschlussfrist nach § 364b AO 1977 gesetzt hat, darf das FG die erst im Klageverfahren eingereichten berichtigten Erklärungen nur dann ermessenfehlerfrei zurückweisen, wenn sich hierdurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hat.

2. Eine "Verzögerung" liegt nur dann vor, wenn wenn im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht -d.h. im Termin zur mündlichen Verhandlung oder in der Sitzung, in der mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden soll, die Zulassung verspäteten Vorbringens der Kläger weitere Ermittlungen und damit eine Vertagung erforderlich machen würde, während andernfalls in der Sache entschieden werden könnte.

3. Eine Verzögerung dadurch, dass der Rechtsstreit über zwei Jahre bei dem früher zuständigen Senat unbearbeitet liegen blieb, kann den Klägern nicht angelastet werden.

4. Besteht nach Vorliegen der berichtigten Erklärungen Einvernehmen zwischen den Beteiligten über die nunmehr festzusetzende Steuer, ist das FA nicht etwa wegen eines Fortwirkens der im Einspruchsverfahren gesetzten Ausschlussfrist nach § 364b AO 1977 am Erlass eines Abhilfebescheids gehindert.

5. Lehnt das FA den Erlass eines Abhilfebescheids ab und ist deswegen der Erlass eines Urteil nötig, hat der Kläger die Kosten des Verfahrens nur insoweit zu tragen, als sie auch bei Erlass eines Änderungbescheids von ihm zu tragen gewesen wären; die übrigen Kosten des Verfahrens hat das FA zu tragen.

 

Normenkette

AO 1977 § 364b Abs. 1 Nr. 1; FGO § 79b Abs. 3, § 76 Abs. 3 Sätze 2, 1, § 135 Abs. 1, § 137 S. 2; AO 1977 § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 132 S. 1, § 172 Abs. 1 S. 3; FGO § 79 Abs. 1 S. 1

 

Gründe

I.

Die Kläger sind Eheleute mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung (VuV) in den Streitjahren 1990, 1992, 1993 und 1994.

Ihre ESt-Erklärung für die Streitjahre gaben sie jeweils im Mai des dem Veranlagungszeitraum folgenden übernächsten Jahres ab. Den Erklärungen 1990 – 1993 war jeweils ein Begleitschreiben beigefügt, mit dem sie die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung lt. Erklärung beantragten und die Nachreichung fehlender Erläuterungen ankündigten. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) führte die ESt-Veranlagung 1990, 1992, 1993 und 1994 zunächst antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) durch. Da keine weiteren Unterlagen nachgereicht wurden, hob das FA die Nachprüfungsvorbehalte jeweils mit Bescheid vom 21. Oktober 1996 auf. Dagegen legten die Kläger am 25. November 1996 vorsorglich Einspruch ein und erklärten, den Rechtsbehelf nach entsprechender Überprüfung zu begründen bzw. zurückzunehmen.

Mit Schreiben vom 26. November 1996 setzte das FA gem. § 364 b Abs. 1 AO eine Frist bis 27. Dezember 1996 zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung die Kläger sich beschwert fühlen. Es wies darauf hin, daß Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der Frist vorgebracht werden, im weiteren Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen seien. Die Fristsetzung blieb unbeachtet. Das FA wies daraufhin am 23. Januar 1997 die Einsprüche als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger teilweise berichtigte ESt-Erklärungen für die Streitjahre vorlegten. Insbesondere wurde in folgenden Punkten von den ursprünglichen Erklärungen abgewichen:

1.

VuV

DM

DM

Abweichung DM

1990:

./. 18.136

(bisher ./. 10.348)

7.788

1992:

./. 26.528

(bisher ./. 14.247)

12.281

1993:

./. 21.132

(bisher ./. 11.108)

10.024

1994:

./. 13.913

(bisher ./. 11.661)

2.252

2.

GewBetr.

DM

DM

Abweichung DM

1992:

./. 4.261

(bisher ./. 3.246)

1.015

1994:

0

373

373

Der erkennende Senat erließ den Gerichtsbescheid vom 09. April 1997 (Bl. 91–91g FG-Akte), gegen welchen die Kläger rechtzeitig den Antrag auf mündliche Verhandlung stellten. Ab 01. Januar 1998 wurde ein anderer Senat für die Streitsache zuständig, die ab 01. März 2000 an den erkennenden zurückgelangte.

Mit Beschluß vom 13. März 2000 wurde der Berichterstatter zum Einzelrichter bestellt. Er bereitete den auf den 05. Juni 2000 anberaumten Erörterungstermin mit verschiedenen Maßnahmen (Aktenanforderung beim Bundesfinanzhof -BFH-, Bl. 128 FG-Akte; Versendung verschiedener Unterlagen an den Klägervertreter. Bl. 136 FG-Akte) vor.

Im Erörterungstermin wurde der Sache über alle offenen Fragen Einigung erzielt (Hinweis auf die Verhandlungsniederschrift Bl. 173–175 FG-Akte). Jedoch weigerte sich das FA unte...

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