Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachlicher Umfang einer Prüfungsanordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Fällt der mitgeteilte zureichende Grund im Sinne des § 46 Abs. 1 FGO weg, verbleibt der Finanzbehörde nur noch eine vom Einzelfall abhängige angemessene Frist, innerhalb welcher zu entscheiden ist.
2. In sachlicher Hinsicht erstreckt sich die Wirkung der Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung (§ 171 Abs. 4 AO) grundsätzlich nur auf die in der Prüfungsanordnung bestimmten Prüfungsgegenstände; deshalb muss die Prüfungsanordnung den Gegenstand der Prüfung klar und eindeutig bezeichnen.
3. Wird in der Prüfungsanordnung die Betriebsprüfung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO beschränkt, führt die Betriebsprüfung zu keiner Hemmung der Feststellungsverjährung für die Feststellung nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO betreffend die nach DBA steuerfreien ausländischen Einkünfte unter Progressionsvorbehalt.
Normenkette
AO § 169 Abs. 1-2, § 171 Abs. 4, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5 Nr. 1, §§ 194, 196, 181 Abs. 1; FGO § 46 Abs. 1
Tenor
1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 vom 26. September 2017 betreffend die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Den Beigeladenen zu 1 und zu 2 werden keine Kosten auferlegt.
3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2 werden erstattet.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung jeweils in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Beigeladenen zu 1 und zu 2 vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung jeweils in Höhe der zu erstattenden Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2 die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Beigeladenen zu 1 und zu 2 jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Bescheid für 2010 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheid) nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) vom 26. September 2017 rechtswidrig ist; insbesondere ist streitig, ob Feststellungsverjährung eingetreten ist.
Die Klägerin (die C & B GbR) ist eine […] Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz [… bei L-Stadt]. Geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sind die B-KG (die Beigeladene zu 1) mit Sitz in [… G-Stadt] mit einem Anteil von 100 Prozent und die C-GmbH (die Beigeladene zu 2) mit Sitz [… bei L-Stadt] mit einem Anteil von 0 Prozent.
Die Klägerin erzielt Einkünfte aus dem Erwerb, der Verwaltung und der laufenden Umschichtung von Edelmetallen und einzelnen Finanzinstrumenten. Am […] 2008 beteiligte sich die Klägerin als Kommanditistin an der […] mit Sitz in Luxemburg (im Folgenden Lux-KG) mit einem Anteil von 1000/1001. Weiterer Beteiligter an der Lux-KG ist die Komplementärin […] (im Folgenden Lux-Sarl) mit einem Anteil von 1/1001 (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag der Klägerin […] und den Gründungsvertrag der Lux-Sarl und Lux-KG ≪Feststellungsakte für 2008≫ verwiesen).
Die Klägerin gab am 11. Oktober 2011 eine Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2010 ab. Sie ermittelte im Streitjahr 2010 erstmals ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Sie erklärte laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. – 58.697,59 EUR (davon – 22.624,83 EUR aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart) und laut Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) steuerfreie laufende Einkünfte, für die ein Progressionsvorbehalt in Betracht kommt, i.H.v. – 80.726.789 EUR. In den ergänzenden Angaben wurde ausgeführt, eine gesonderte Feststellungserklärung für die steuerfreien Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, sei nicht erforderlich, da an der ausländischen Gesellschaft nur eine deutsche Gesellschaft (die Klägerin) beteiligt sei. Die Feststellung erfolge daher direkt bei der deutschen Gesellschaft.
Der Beklagte – das Finanzamt – führte die Veranlagung ohne Abweichung von der Feststellungserklärung durch und erließ am 4. April 2012 einen entsprechenden Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2010 (Feststellungsbescheid) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO.
Am 22. August 2012 ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO für den Zeitraum 2007 – 2010 an. Auszugsweise lautete die Anordnung: „Die Außenprüfung erstreckt sich auf: Gesonde...