Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsführer-Haftung bei Vereitelung einer Gewinnchance. Haftung für Körperschaftsteuer 1993
Leitsatz (redaktionell)
Verzichtet eine GmbH zugunsten einer dem Geschäftsführer nahestehenden Person auf eine Gewinnchance (hier: verbilligter Erwerb eines geleasten Pkw), so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die die Geschäftsführer-Haftung begründen kann.
Normenkette
AO 1977 §§ 69, 34, 166; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids.
Der Kläger (Kl) war alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der Fa. X-GmbH (im Folgenden: GmbH). Bei einer im Jahre 1997 durchgeführten Fahndungsprüfung wurde festgestellt, dass die GmbH durch Vertrag vom 3.5.1990 für drei Jahre einen Pkw L zu einer monatlichen Rate von 4.787 DM von der Fa. Y-GmbH geleast hatte. Nach Ziff. IX Abs. 2 des Vertrages sollte der Mieter (GmbH) auf Verlangen des Vermieters verpflichtet sein, das Fahrzeug zum Restwert zu kaufen, falls nach Ablauf der Mietzeit kein neuer Mietvertrag zustande kommen würde. Als Restwert war in dem Vertrag ein Betrag in Höhe von 20 v.H. der Gesamtkosten (158.000 DM) vorgesehen, zuzüglich Umsatzsteuer. Durch Vertrag vom 21.4.1993 kaufte die frühere Lebensgefährtin des Kl, Frau Z, den Pkw L zum Restwert, d.h. zum Preis von 31.310 DM (netto). Am 6.6.1994 verkaufte Frau Z den Pkw L zum Preis von 90.000 DM an einen Autohändler. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) schätzte den Marktwert des Pkw L zum Zeitpunkt des Kaufs durch Frau Z auf 100.000 DM. In der Differenz zum Bruttokaufpreis von 36.006,50 DM, die es mit 63.400 DM ermittelte, sah es eine im Jahr 1993 zu erfassende verdeckte Gewinnausschüttung. In der Körperschaftsteuererklärung 1993 waren keine Angaben zu einer verdeckten Gewinnausschüttung enthalten gewesen. Aufgrund der Erklärung war im Bescheid vom 26.6.1995 unter der Rubrik „Mithin sind zuviel entrichtet” ein Betrag von 44.521 DM ausgewiesen worden.
Das FA erließ unter dem Datum des 24.7.1998 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1993, in dem eine Körperschaftsteuer von 27.171 DM festgesetzt wurde. Darin ist eine verdeckte Gewinnausschüttung von 63.400 DM berücksichtigt. Es sandte den Bescheid an die Adresse des Kl, …. Von dort kam er durch die Post mit dem Vermerk „Anschrift unbekannt” zurück. Danach verfügte das FA die öffentliche Zustellung.
Am 2.2.1998 war für die GmbH Konkursantrag gestellt worden, am 23.6.1999 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt.
Durch Bescheid vom 11.3.1999 nahm das FA den Kl gemäß § 69 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 34 Abs. 1 AO für einen Betrag von insgesamt 36.171 DM in Haftung, und zwar für Umsatzsteuer 1995 (50 DM), Umsatzsteuer 1996 (8.950 DM) und Körperschaftsteuer 1993 (27.171 DM). Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kl, vertreten durch die H-GmbH, mit Einspruch. In dem Einspruchsschreiben bat die H-GmbH um Übersendung des geänderten Körperschaftsteuerbescheides 1993, da ihr nur der ursprüngliche Bescheid sowie ein Bescheid vom 23.2.1998, in dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden war, vorlägen. Mit Schreiben vom 29.3.1999 übersandte das FA an die H GmbH eine Ablichtung des geänderten Körperschaftsteuerbescheids 1993 vom 24.7.1998.
In der Einspruchsentscheidung vom 9.6.2000 hob das FA die Haftung für die Umsatzsteuerbeträge auf und erhielt die Haftung für die Körperschaftsteuer 1993 aufrecht.
Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage wird im Wesentlichen vorgetragen:
Es sei nicht verständlich, weshalb das FA die öffentliche Zustellung des Körperschaft-steuer-Änderungsbescheids verfügt habe. In materiell-rechtlicher Hinsicht führt der Kl aus, aus dem Leasing-Vertrag gehe hervor, dass die Klin nicht das Recht hatte, den Pkw zum vertraglich festgelegten Restwert zu kaufen. In dem Vertrag heiße es, dass der Leasing-Nehmer auf Verlangen des Leasing-Gebers das Kfz zum Restwert zu erwerben habe. Die GmbH habe demgegenüber kein Ankaufsrecht gehabt. Der Leasing-Geber habe nach Ablauf der Mietzeit von seinem Verkaufsrecht nicht Gebrauch gemacht. Die GmbH sei vielmehr verpflichtet gewesen, den Pkw nach Ablauf der Leasing-Zeit zurückgeben, so wie sie das früher bei anderen Fahrzeugen auch gemacht habe. Frau Z, eine Angestellte der GmbH und frühere Lebensgefährtin des Kl, die den Pkw L während der Vertragslaufzeit genutzt habe, habe sich mit der Leasinggeberin in Verbindung gesetzt und habe das Fahrzeug am 21.4.1993 erworben. Die GmbH habe somit mit der Veräußerung des Pkw L nichts zu tun gehabt und habe keine Möglichkeit gehabt, auf den Abschluss eines Kaufvertrages hinzuwirken oder Einfluss auf den Kaufpreis zu nehmen. Die für den Haftungstatbestand nach § 69 AO erforderliche Voraussetzung der zumindest groben Fahrlässigkeit liege nicht vor. Von einem ungewöhnlich hohen Maß an Pflichtverletzung könne keine Rede sein. Die Steuerangelegenheiten der GmbH seien von fachlich kompetenter Seit...