Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG bei Auslagerung von Dienstleistungen auf ein schweizer Patentanwaltsbüro
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG verstößt im Verhältnis zu der Schweiz nicht gegen das Europarecht.
2. Der Bedienenstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 5a AStG ist erfüllt, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger in einer ausländischen Gesellschaft, an der er beteiligt ist, faktisch eine leitende Funktion ausübt, indem er das bei der Gesellschaft beschäftigte Personal beaufsichtigt und nach außen als derjenige angesehen wird, der für die von der Gesellschaft zu erbringenden Leistungen verantwortlich ist. Davon ist auszugehen, wenn eine in der Schweiz ansässige AG ihren satzungsmäßigen Gesellschaftszweck (im Streitfall den Betrieb eines Patentanwaltsbüros) mangels eigener qualifizierter Arbeitskräfte nur erfüllen kann, indem sie sich der an ihr beteiligten unbeschränkt steuerpflichtigen Person bedient.
3. Die Entrichtung der Jahresgebühren an die jeweiligen nationalen Patentämter, nachdem das erteilte europäische Patent in seine nationalen Teile „zerfallen” ist, ist notwendig für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes in den einzelnen Ländern. Die von der ausländischen Gesellschaft übernommene Überwachung und Zahlung der Jahresgebühren gehört daher zu den Aufgaben eines Patentanwalts.
4. Dienstleistungen, die die Schweizer AG gegenüber dem inländischen Patentanwaltsbüro der an ihr beteiligten natürlichen Person oder als dessen Subunternehmer gegenüber den Mandanten erbringt, führen auch dann zu passiven Einkünfte i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 5b AStG, wenn die AG die Leistungen direkt gegenüber den Mandanten abrechnet.
Normenkette
AStG § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, b, Abs. 3, §§ 10, 12 Abs. 1, § 18; PatAnwO § 3 Abs. 2 Nr. 1; AO § 90 Abs. 2; EG Art. 43
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob den Klägern Einkünfte aus einer ausländischen Zwischengesellschaft nach §§ 7 ff. Außensteuergesetz (AStG) zuzurechnen sind.
Der Kläger ist Patentanwalt und erzielte aus seiner Beteiligung an der Patentanwaltskanzlei P in München Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach einer bei ihm durchgeführten Betriebsprüfung, bei der auch der Fachprüfer für Auslandsbeziehungen beim bayerischen Landesamt für Steuern beteiligt wurde, stellte das beklagte Finanzamt (das Finanzamt) fest, dass der Kläger und die Klägerin die alleinigen Gesellschafter der … AG (AG) mit Sitz in S/Schweiz sind.
Die AG wurde am 10. April 1995 mit einem Aktienkapital von 100.000 Schweizer Franken (SFR) gegründet. Die Aktien werden zu 74% vom Kläger und zu 26% von der Klägerin gehalten. Gesellschaftszweck ist laut Gesellschaftsvertrag und Eintrag im Handelsregister … der Betrieb eines Patentanwaltsbüros …
Die AG beschäftigte im Prüfungszeitraum bis zu vier Arbeitnehmer, einen Übersetzer und Sachbearbeiter (Herr …), zwei Sachbearbeiter (Frau … und Frau …) und eine Teilzeitmitarbeiterin für administrative Arbeiten (Frau …). Auf die vorgelegten Anstellungsverträge, die für die AG vom Kläger unterzeichnet wurden, wird Bezug genommen. Geschäftsführerin war in den Streitjahren Frau K, die auch Mitglied im Verwaltungsrat war. Ein schriftlicher Anstellungsvertrag ist mit ihr nicht abgeschlossen worden. Nach Auskunft des früheren Steuerberaters der Kläger wurde die Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit nach Zeitaufwand auf Stundenbasis abgerechnet und ausgezahlt. Auf das Kündigungsschreiben von Frau K vom 10. November 2002, mit dem sie mitteilte, dass ihre Nachfolgerin als Geschäftsführerin, Frau … die gesamte Buchführung und alle dazu gehörenden administrativen Arbeiten sehr kompetent erledigt habe, wird Bezug genommen. Der Kläger war Präsident des Verwaltungsrats der AG und erhielt hierfür eine Vergütung.
Das Finanzamt stellte ferner fest, dass Honorare der japanischen Patentverwertungsgesellschaft G zu 100 % auf das Geschäftskonto der Kanzlei P in München bei der … Bank gezahlt worden seien. Teilbeträge von 25 % bis 50 % daraus, – jährlich rund 900.000 DM – seien für Tätigkeiten der schweizerischen AG geleistet worden, auf das Konto „durchlaufender Posten Schweiz” gebucht, auf ein Transferkonto des Klägers bei der …Bank weitergeleitet und von dort auf ein Konto der AG überwiesen worden. Nach Auskunft des früheren Steuerberaters der Kläger (Aktenvermerk vom 26. April 2004) erteilte die G Aufträge an die Kanzlei P in München. In München erfolge die Patentierung über das Europäische Patentamt. Die nationale Patentierung in den einzelnen Ländern erfolge über die AG. In der AG würden vor allem Übersetzungen getätigt. Die AG sowie die Kanzlei P in München stellten für ihre Leistungen jeweils separate Rechnungen. Die Firma G überweise jedoch nur einen Betrag auf das Konto des Klägers bei der …Bank. Von diesem Konto würden Zahlungen an die AG weitergeleitet. Es habe verschiedene Gründe für die Gr...