rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen häuslichem Arbeitszimmer und Betriebsstätte bei fehlender auswärtiger Schwerpunkt-Beschäftigungsstätte
Leitsatz (redaktionell)
1. Das häusliche Arbeitszimmer ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist.
2. Die Ausstattung mit einem Schreibtisch ist indessen nicht zwingend erforderlich. Ebenso wenig muss der Raum für die Verrichtung menschlicher Arbeit von einer gewissen Dauer hergerichtet sein. So kann etwa ein beruflich genutzter Archivraum, in dem Bücher, Akten und Unterlagen aufbewahrt, gesichtet und herausgesucht werden, der vorbereitenden und unterstützenden Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen und dadurch (Teil-)Funktionen erfüllen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen.
3. Zur Abgrenzung zu anderen betrieblich genutzten Räumen im häuslichen Bereich (z.B. einer Werkstatt, einem reinen Lager, einer Arztpraxis) ist insbesondere von Bedeutung, wie der Raum eingerichtet und ausgestattet ist, ob ihm die technischen Einrichtungen der Art und dem Umfang nach das Gepräge geben, ob und in welchem Umfang Publikumsverkehr stattfindet und ob fremdes Personal in dem Raum tätig ist.
4. Im Streitfall ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass es sich bei dem genutzten Zimmer um ein häusliches Arbeitszimmer und nicht um eine Betriebsstätte handelt. Der Raum ist in die private Wohnung integriert, hat keinen separaten Zugang, grenzt unmittelbar an die privaten Wohn-/Schlafräume und es wurden keine fremden Arbeitnehmer beschäftigt. Publikumsverkehr hat der Kl zwar behauptet; das Gericht konnte jedoch nicht die Überzeugung gewinnen, dass dieser einen Umfang erreicht hat, der die Qualifizierung als Betriebsstätte rechtfertigen würde.
5. Die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG setzt nicht das Vorhandensein einer auswärtigen Schwerpunkt-Beschäftigungsstätte voraus. Das Fehlen einer solchen auswärtigen Schwerpunkt-Beschäftigungsstätte ist in die Gesamtwürdigung der Umstände einzubeziehen, führt für sich jedoch nicht zwingend zur Annahme einer Betriebsstätte.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger (Kl) erzielte im Streitjahr u.a. nichtselbstständige Einkünfte als Informatiker und gewerbliche Einkünfte aus EDV-Beratung. In seiner Einnahmenüberschussrechnung für die gewerbliche Tätigkeit machte der Kl die Kosten eines bis Februar 2004 gemeinsam mit seiner Ehefrau genutzten Arbeitszimmers in der Wohnung H-Str., in Höhe von 220,25 EUR als Betriebsausgaben geltend.
Mit notariellem Vertrag vom 01. Juni 2001 erwarb der Kl mit seiner Ehefrau das Grundstück G-Str. zu hälftigem Miteigentum. Sie errichteten hierauf ein im März 2004 bezugsfertiges Einfamilienhaus. Dieses nutze der Kl zusammen mit seiner Ehefrau für private Wohnzwecke.
Mit Vertrag vom 12. Februar 2004 vermietete die aus dem Kl und seiner Ehefrau bestehende Grundstücksgemeinschaft an den Kl ein Zimmer (9,84 m²) im Obergeschoss als Büro und einen Raum (17,4 m²) im Kellergeschoss als Werkstattraum für 90 EUR zzgl. 20 EUR Nebenkosten und der gesetzlichen MWSt. Der Kl nutzte die von ihm angemieteten Räumlichkeiten nach eigenen Angaben im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit.
Im Rahmen seiner Gewinnermittlung berücksichtigte der Kl die insoweit vereinbarten 1.100 EUR Mietzahlungen wie folgt:
Arbeitszimmer H-Str. |
220,25 EUR |
Miete G-Str. (ab März 2004) |
1.100,00 EUR |
Summe |
1.320,25 EUR |
höchstens |
1.250 EUR |
Danach ergab sich ein Gewinn in Höhe von 931,92 EUR.
Hinsichtlich der Vermietung von Arbeitszimmern im Anwesen G-Str. gab die Grundstücksgemeinschaft zunächst Feststellungserklärungen ab. Für den Kläger wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -3.246,50 EUR festgestellt.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) setzte den erklärten Gewinn und die festgestellten Vermietungseinkünfte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 21.07.2006 antragsgemäß an.
Nachdem das FA die insoweit zunächst einheitlich und gesondert festgestellten negativen Vermietungseinkünfte nach Durchführung einer Außenprüfung nicht mehr anerkannte (geänderter Feststellungsbescheid vom 15.12.2006), erließ es unter dem 15.12.2006 einen geänderten ESt-Bescheid, in dem keine Vermietungseinkünfte mehr angesetzt wurden. Die Höhe der anerkannten Arbeitszimmeraufwendungen blieb unverändert. Die ESt wurde auf 17.986 EUR festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch wurde geltend gemacht, dass die zunächst im Rahmen des Feststellungsverfahrens erklärten Vermietungsverluste dort nur zur Hälfte anzuerkennen seien. Die andere Hälfte sei als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Rahmen der persönlichen ESt zu berücksichtigen. Beim Kl greife insoweit keine Abzugsbeschränkung ein, da die von ihm gen...