rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung vom Eigentumswohnungen für eine Dauer von grundsätzlich maximal einer Woche an Prostituierte zur Ausübung der Prostitution bei zusätzlichen weiteren Leistungen nicht nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Steuerbefreiung für Umsätze durch Grundstücksvermietungen ist nach der Rspr. des BFH und des EuGH unionsrechtskonform und eng auszulegen, da sie eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz darstellt, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt. Die Dauer der Grundstücksnutzung stellt ein Hauptelement eines Grundstücksmietvertrages dar. Bei nur kurzfristiger und gegenständlich beschränkter Nutzung fehlt ein Hauptelement eines solchen Mietvertrages.
2. Wenn eine Gebrauchsüberlassung von anderen wesentlichen Leistungen überlagert wird, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG nicht in Betracht.
3. Werden zahlreiche angemietete abgeschlossene Eigentumswohnungen unter Vereinbarung einer Tagesmiete in der Regel für maximal eine Woche ausschließlich an Prostituierte zur Ausübung der gewerblichen Prostitution weitervermietet, betreibt der Vermieter eine Internetseite, auf der sich die in den Wohnungen tätigen Prostituierten gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts potentiellen Kunden präsentieren können und die eine Kontaktaufnahme der Kunden mit den Prostituierten ermöglicht, und erbringt der Vermieter zudem weitere für eine Vermietung unübliche Leistungen (z. B. Meldung von Prostituierten bei der Polizei, Vorhalten von Festnetzanschlüssen in den Wohnung zur Ermöglichung einer anonymen Kontaktaufnahme durch die Freier), so liegen bei der gebotenen Gesamtwürdigung keine reinen Grundstücksvermietungen, sondern vertragliche Vereinbarungen eigener Art vor, die sich wesentlich von der steuerbefreiten Leistung einer Grundstücksvermietung unterscheiden, so dass eine Steuerbefreiung dieser Leistungen nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG nicht in Betracht kommt.
4. Die Vermietung von Räumen an Prostituierte zum Zweck der Ausübung der Prostitution stellt keine kurzfristige Beherbergung von bereitgehaltenen Wohn- und Schlafräumen an Fremde i. S. d. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG dar.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, S. 2; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. l
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Steuerfreiheit der Vermietung von Wohnungen an Prostituierte.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in A. Geschäftsführerin ist S.
Die Klägerin hatte in den Streitjahren zwei Geschäftsfelder. Zum einen betrieb sie einen allgemeinen Erotikführer (Rotlicht-Guide) in A, zum anderen mietete sie Privatwohnungen in A und B an und vermietete diese in der Regel wochenweise zu einer Tagesmiete, die je nach Objekt und Mietdauer variierte, von 60 bis 100 EUR an Prostituierte weiter. Schriftliche Mietverträge wurden dabei mit den Prostituierten nicht abgeschlossen. Der Mietzins dafür wurde regelmäßig von einem Mitarbeiter der Klägerin bar kassiert, darüber erstellte die Klägerin Quittungen. Bei den insgesamt 20 angemieteten Wohnungen handelte es sich durchweg um Zweizimmerwohnungen mit Küche und Bad. Diese befanden sich in A und B. Diese Wohnungen wurden von der Klägerin eingerichtet und mit einer Grundausstattung an Geschirr, Handtüchern und Bettwäsche versehen. Die Vermietung der Wohnungen erfolgte üblicherweise von Sonntag auf Sonntag. Nach ihrer Anreise ließen die Frauen die Angaben zu ihrer Person in der Regel (zu 95 %) auf der Internetseite des Rotlicht-Guide online stellen; dafür wurden von Rotlicht-Guide separate Rechnungen über 40 EUR je Woche erstellt, die von den Frauen auch getrennt vom Mietzins bezahlt wurden. Keine der Wohnungen verfügte über eine Gegensprechanlage oder einen Alarmknopf; Bettwäsche und Handtücher wurden nicht gewechselt.
In den Streitjahren behandelte die Klägerin die Vermietungen an die verschiedenen wechselnden Prostituierten in ihren Umsatzsteuererklärungen als steuerfreie Vermietung von Grundstücken. Sie erklärte insoweit steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug:
- in 2005 in Höhe von EUR,
- in 2006 in Höhe von EUR,
- in 2007 in Höhe von EUR,
- in 2008 in Höhe von EUR und
- in 2009 in Höhe von EUR.
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer:
- von EUR für 2005,
- von EUR für 2006,
- von EUR für 2007,
- von EUR für 2008 und
- von EUR für 2009.
Nach der Durchführung einer Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 (Bericht vom 3. März 2011) setzte der Beklagte (das FA) die Umsatzsteuer unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Jahre 2005 bis 2009 jeweils mit Bescheiden vom 1. Juli 2011
- auf EUR für 2005,
- auf EUR für 2006,
- auf EUR für 2007,
- auf EUR für 2008 und
- auf EUR für 2009 fest.
Mit Änderungsbescheiden vom 13. Juni 2013 setze das FA die Umsatzsteuer für 2008 auf EUR und für 2...