Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung des Finanzamts zur Schätzung von Einkommensteuer. Örtliche Zuständigkeit des Finanzamts. Abgabefrist. Verspätungszuschlag
Leitsatz (redaktionell)
1. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte für einen Wohnsitzwechsel vor, so darf das im Vorjahr örtlich zuständige Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen, ohne Ermittlungen über den Wohnsitz des Steuerpflichtigen anzustellen.
2. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte für die erstmalige Erzielung von Einkünften vor, die zu einer verlängerten Frist für die Abgabe von Steuererklärungen führen, darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen ohne weitere Ermittlungen über die Erzielung solcher Einkünfte schätzen.
3. Zur Reduzierung des Beweismaßes aufgrund der Zumutbarkeit und der Beweisnähe des Klägers.
Normenkette
AO §§ 149-150, 152, 162; FGO § 76 Abs. 1 S. 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der ledige, 1973 geborene Kläger wird beim Finanzamt München IV, dem Beklagten, zur Einkommensteuer veranlagt.
Nachdem er für das Streitjahr keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen mit Einkommensteuerbescheid vom 26.10.2004 und setzte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Einkommensteuer 2003 mit 151 Euro fest. Mit dem Bescheid verband es eine Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2003 von 15 Euro. Gegen diese Bescheide legte der Kläger Einsprüche ein, die er nicht begründete und die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.02.2005 unter gleichzeitiger Aufhebung der Vorbehalte der Nachprüfung zurückwies.
Mit seiner Klage verwies der Kläger zunächst auf die entsprechende Steuererklärung, die seiner Klage jedoch nicht beigefügt war. In einem weiteren Schriftsatz vom 29.06.2005 trug der Kläger vor, die Einspruchsentscheidung sei vom unzuständigen Finanzamt erlassen worden, und legte ein Schreiben des Finanzamt T. vom 12.02.2004 vor, wonach der Kläger dort für Zwecke der Einkommensteuer unter der Steuernummer 141/17621 erfasst sei. Zudem erziele der Kläger seit dem VZ 2003 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und sei nicht vor Ende Februar 2005 zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2003 verpflichtet gewesen. Mit der Erstellung des Abschlusses sei die BBV GmbH in Mühldorf beauftragt.
Telefonische Nachfragen des Berichterstatters beim Finanzamt T., deren Ergebnis den Beteiligten mit Schreiben vom 30.01.2006 mitgeteilt wurde, ergaben, dass die dortige Steuernummer des Klägers auf die Nummer 276/30192 umgestellt und der Grundkennbuchstabe für Einkommensteuer zum 01.01.2003 gelöscht worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2003 und den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2003, beide vom 26.10.2004, und die Einspruchsentscheidung vom 21.02.2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird auf die Steuerakte, die Einspruchsentscheidung und die von den Beteiligten im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte war berechtigt, die Einkommensteuer 2003 mit Bescheid vom 26.10.2004 nach § 162 Abgabenordnung – AO 1977 – zu schätzen und dabei nach § 152 AO 1977 auch einen Verspätungszuschlag festzusetzen.
Insbesondere war der Beklagte auch für die Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer 2003 zuständig. Für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach den Unterlagen der Vorjahre und aufgrund der vorliegenden Anmeldung eines Gewerbes des Klägers in München durfte der Beklagte auch für 2003 von einem Wohnsitz des Klägers in München ausgehen. Auch aus dem vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vorgelegten steuerlichen Jahresabschluss der BBV GmbH vom 17.08.2005 ergibt sich nichts anderes. Dieser weist zwar ab dem 1.7.2003 einen in P. (Zuständigkeitsbereich des Finanzamts T.) befindlichen landwirtschaftlichen Betrieb auf den Namen des Klägers aus. Aus dem Vortrag des Klägers, er habe den Betrieb seiner Eltern zum 1.7.2003 übernommen, lässt sich jedoch nicht erschließen, dass sich der Wohnsitz des Klägers an den Betriebsort verlagert hätte. Zudem weist die im Jahresabschluss angegebene Steuernummer, wie eine Rückfrage beim Finanzamt T. während einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung ergeben hat, auf Josef und Rita …, die Eltern des Klägers hin. Unter dieser Steuernummer hat das Finanzamt Traunstein auch die erklärten Einkünfte veranlagt und den Grundkennbuchstaben des Klägers für Einkommensteuer gelöscht. Weitere Auskünfte hat der Kläger nicht erteilt. Er hat weder beim Finanzamt T. noch beim Beklagten eine Einkommensteuererklärung 2003 abgegeben noch Tatsachen vorg...