rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbehalt der Mietkaution als Schadenersatz nach fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzugs
Leitsatz (redaktionell)
1. Entschädigungen an den Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrags sind nicht ein – nicht umsatzsteuerbarer – Schadenersatz, sondern steuerbares Leistungsentgelt, weil der Vermieter auf eine ihm zustehende Rechtsposition verzichtet.
2. Von nicht steuerbarem Schadensersatz ist aber auszugehen, wenn der Mieter vertragswidrig die Mietzahlungen eingestellt, der Vermieter deswegen den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich fristlos gekündigt hat, anschließend vom neuen Mieter eine niedrigere Miete als bisher erhalten und als Ausgleich für diesen künftigen Mietverlust (Differenz zwischen der vom bisherigen Mieter und der vom neuen Mieter gezahlten Miete) die Mietkaution als Schadensersatz einbehalten hat.
3. Veranlasst der Mieter durch die Nichtentrichtung des Mietzinses den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung, hat dieser den durch die Kündigung entstandenen Schaden auch zu ersetzen (BGH, Urteil v. 13.6.2007, VIII ZR 281/06). Dabei ist der geschädigte Vermieter so zu stellen, wie er stünde, wenn die Vertragsverletzung nicht erfolgt und es somit nicht zur fristlosen Kündigung gekommen, sondern der Mietvertrag fortgeführt worden wäre.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2010 vom 13. Februar 2012 wird die Umsatzsteuer 2010 auf 52.451,19 EUR herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt die nach der außerordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses für Mietausfälle einbehaltene Kaution zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen hat.
Die Klägerin ist die mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründete Firma A. Gegenstand des Unternehmens, das eine Objektgesellschaft der A-Gruppe ist, ist die langfristige Vermietung ihres in B, in der C-Straße, gelegenen Büro- und Verwaltungsgebäudes. Sie berechnet die Steuer nach vereinnahmten Entgelten.
Für Dezember 2010 meldete die Klägerin steuerpflichtige Umsätze zu 19% in Höhe von 39.290 EUR an und berichtigte damit ihre ursprünglich vorangemeldeten Umsätze von 436.298 EUR.
Im Rahmen der darauf hin für den Veranlagungszeitraum Dezember 2010 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Firma D Grundbesitzverwaltungs GmbH & Co. KG Vermögensgesellschaft (nachfolgend: D), am 8. Mai 2002 ein Generalmietvertrag über das Bürogebäude mit Mietbeginn zum 15. November 2002 und einer Festlaufzeit von 10 Jahren bis einschließlich 14. November 2012 geschlossen wurde. Im Jahr 2006 hätte D gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass an der Fortsetzung des Mietverhältnisses kein Interesse bestünde. Ab September 2006 stellte D die Zahlung des Mietzinses ein. Nachdem bis einschließlich April 2007 keine Mietzahlung mehr erfolgte, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis außerordentlich fristlos zum 26. April 2007. Die rückständigen Mieten für den Zeitraum 09/2006 bis 04/2007 wurden im Rahmen eines Gerichtsverfahrens erstritten und gingen am 27. März 2008 auf dem Konto der Klägerin ein. Für den übrigen Mietausfall in Höhe von rund 1,2 Millionen EUR sowie den der Klägerin im Wege eines gerichtlichen Vergleichs zugesprochenen Schadenersatz für unterlassene Instandhaltung der Doppelparkergarage in Höhe von 32.000 EUR wurde die von D geleistete Mietkaution in Höhe von 472.440 EUR am 17. Dezember 2010 einbehalten. Die Prüferin vertrat die Ansicht, die Kaution sei, soweit sie in Höhe von 440.440 EUR für den Mietausfall einbehalten worden sei, – wie von der Klägerin ursprünglich vorgenommen – der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da sie keinen echten Schadenersatz darstelle.
Das Finanzamt wertete die Feststellungen aus und gab den geänderten Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2010 am 30. November 2010 zur Post.
Im Rahmen des hiergegen eingelegten Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin die Jahreserklärung für das Streitjahr ein, von der das Finanzamt insoweit abwich, als die Kaution mit netto 370.118 EUR den erklärten steuerpflichtigen Umsätzen hinzugerechnet und die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 13. Februar 2012 mit 122.773,99 EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wurde.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Er wurde mit Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Die einbehaltene Mietkaution stelle keinen nicht steuerbaren Schadenersatz dar. Der Mietausfallschaden sei durch Einbehalt der Kaution getilgt worden. Diese Zahlung seitens des Mieters stelle eine E...