Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Schenkung des Veräußerungserlöses aus dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen. Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 Alt. 2 AO nur bei positiver Kenntnis des FA vom Verkauf der Gesellschaftsanteile
Leitsatz (redaktionell)
1. In der Hingabe von Gesellschaftsanteilen kann die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem späteren Weiterverkauf der Gesellschaftsanteile liegen, wenn der Erwerber der Anteile im Verhältnis zum Schenker nur über den Verkaufserlös, nicht aber über die Anteile frei verfügen durfte, sondern sich insoweit den Verfügungen des Schenkers unterzuordnen hatte.
2. Die gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO für den Beginn der Festsetzungsfrist erforderliche positive Kenntnis des FA von der vollzogenen Schenkung ist nicht bereits dann gegeben, wenn dem FA lediglich Umstände bekanntgeworden sind, die ihm – ggf. nach weiteren Ermittlungen – die Prüfung möglich machen, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt.
3. Im Streitfall endete die Anlaufhemmung daher nicht bereits nach Übersendung des Schenkungsvertrags an das FA, sondern erst, nachdem dem FA auch der Inhalt des in der Schweiz geschlossenen Vertrags über die Anteilsveräußerung bekanntgeworden war.
Normenkette
AO § 170 Abs. 5 Nr. 2, § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 30
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Schenkungsteuer bei Erlass des Schenkungsteuerbescheides bereits festsetzungsverjährt war.
An A KG waren der Ehemann der Klägerin (im Folgenden E genannt) mit einer Kommanditbeteiligung von 250.000 DM, die beiden Söhne der Klägerin mit einer Kommanditeinlage von jeweils 125.000 DM, die X GmbH mit einer Kommanditeinlage von 20.000 DM sowie, als persönlich haftende Gesellschafterin, die Y GmbH beteiligt.
Mit notariell beurkundetem Anteilskaufvertrag vom 22. Dezember 2000 (Notariat in Chur, Schweiz – im Folgenden „der Kaufvertrag” genannt –) verkauften die Klägerin, E, die X GmbH sowie die Z GmbH (im Folgenden als Verkäufer bezeichnet) ihre Kommanditanteile, die Y GmbH ihren Komplementäranteil an der A KG an die S GmbH. Der Kaufpreis für die Kommanditanteile sowie den Komplementäranteil betrug 33.909.697 DM.
In Ziff. III. des Vertrages verpflichteten sich die Verkäufer sowie die Söhne der Klägerin u.a. folgende Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen:
- E überträgt noch im Jahr 2000 die Hälfte seines Kommanditanteils an der A KG auf die Klägerin, die somit als Kommanditistin mit einem Anteil i.H.v. DM 125.000 in die Gesellschaft eintritt.
- Die beiden Söhne der Klägerin bringen ihre Kommanditanteile an der A KG spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2000 in die von ihnen neu gegründete Z GmbH ein.
Gem. § 4 des Vertrages war der Kaufpreis unter bestimmten Voraussetzungen anzupassen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag ebenfalls vom 22. Dezember 2000 (Notariat in München – im Folgenden „der Schenkungsvertrag” genannt –) übertrug E einen Teilkommanditanteil von 125.000 DM unentgeltlich an die Klägerin. In § 7 des Vertrages behielt sich E das Recht vor, die Rückübertragung des Kommanditanteils auf sich u.a. dann zu verlangen, wenn die Klägerin ohne seine Zustimmung über den Kommanditanteil verfügt, ihn insbesondere veräußert oder belastet. Aufschiebend bedingt durch die Ausübung des Rückübertragungsrechts trat die Klägerin bereits jetzt ihren Kommanditanteil an E ab. In § 8 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, im Falle einer entgeltlichen Veräußerung des Kommanditanteils durch E an andere Personen als Abkömmlinge, ihren Kommanditanteil zu den gleichen Bedingungen an denselben Erwerber zu veräußern. In § 9 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, bei einer eventuellen Veräußerung des erworbenen Kommanditanteils, den Veräußerungserlös im Interessenbereich der Firmengruppe „A” gegen angemessene Verzinsung anzulegen. Eine Abschrift des Schenkungsvertrages ging am 29. Dezember 2000 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) ein.
Mit Änderungsvertrag vom 25. Juni 2001 wurde der Kaufvertrag vom 22. Dezember 2000 u.a. dahingehend geändert, dass der Kaufpreis für die Kommanditanteile und den Komplementäranteil, vorbehaltlich der Anpassung gem. § 4 des Vertrages, auf 27.909.697 DM festgelegt wurde.
Vom Gesamtkaufpreis, der am 26. Juni 2001 von der S GmbH an die Verkäuferin überwiesen wurde, entfiel auf die Klägerin, nach Abzug der Veräußerungsnebenkosten, ein Betrag i.H.v. 6.468.003 DM.
Das FA forderte die Klägerin auf, eine Schenkungsteuererklärung abzugeben. In der am 6. November 2001 beim FA eingegangenen Steuererklärung, in der die unentgeltliche Übertragung des Teilkommanditanteils mit Schenkungsvertrag vom 22. Dezember 2000 angezeigt wurde, wurde der Wert des an die Klägerin übertragenen Teilkommanditanteils auf 218.495 DM beziffert.
Da nach den eingereichten Unterlagen eine Schenkungsteuer nicht...