Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Geschäftsleitung im Ausland. Körperschaftsteuer 1995. Gewerbesteuermessbetrag 1995. Solidaritätszuschlag 1995. Zinsen 1995 (früheres Az.: 7 K 378/00)
Leitsatz (redaktionell)
Behauptet der Steuerpflichtige, die Geschäftsleitung eines im Inland tätigen Unternehmens habe sich im Ausland (Portugal) befunden, so genügt er seiner nach § 90 Abs. 2 AO erhöhten Mitwirkungspflicht noch nicht dadurch, dass er als Nachweis einen Vertrag über die Anmietung von Geschäftsräumen in Portugal vorlegt.
Normenkette
AO 1977 § 10
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Portugal. Ausweislich eines im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung aufgefundenen „Vertrags über eine Anteilsübertragung und teilweise Änderung des Gesellschaftsvertrages” vom 23. August 1995 erwarben die Herren M und L zu dem genannten Datum sämtliche Anteile an der Klägerin. Nach der Vertragsurkunde wurden die beiden Gesellschafter M und L zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt; zur wirksamen Vertretung der Klägerin werden die „gleichzeitigen Unterschriften beider Geschäftsführer benötigt”.
Die Geschäftsführer M und L hatten im Streitjahr 1995 ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Hinsichtlich des Geschäftsführers M ergibt sich dies bereits aus dem Vertrag über die Anteilsübertragung vom 23. August 1995, in dem die Wohnadresse des M mit „… P Deutschland” angegeben ist. Auch auf Visitenkarten des M, welche die Firmenbezeichnung sowie das Logo der Klägerin aufwiesen, war die Wohnadresse in P vermerkt. Die Geschäftsunterlagen der Klägerin – insbesondere Schriftverkehr, Bankunterlagen, Lohnabrechnungen, Personalunterlagen, Ausschreibungen für im Inland vorgenommene Bauvorhaben, Werkverträge, Angebotsunterlagen, Aufmaßberechnungen, Regieabrechnungen, Kostenaufstellungen – wurden im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung in der Wohnung des Geschäftsführers M in P vorgefunden. Auch der Geschäftsführer L unterhielt in Z eine Wohnung. Die mit der Klägerin im Streitjahr in Geschäftsverbindung stehenden Firmen D-GmbH sowie A-GmbH & Co. teilten insoweit auf Befragen der Steuerfahndungsstelle mit, dass ihnen gegenüber als Büroadresse der Klägerin die Wohnadresse des Geschäftsführers L in Z genannt worden sei. Über diese Adresse wurde der gesamte, dem Gericht vorliegende Schriftverkehr der genannten Firmen mit der Klägerin abgewickelt; so tragen insbesondere Rechnungen, Gesprächsnotizen und eine Gewährleistungsbürgschaft die Anschrift Z als Büroadresse der Klägerin. Auch die Klägerin selbst benannte auf einem dem Gericht vorliegenden Telefaxschreiben vom 5. September 1995 an die Firma A GmbH & Co. die Anschrift Z als Büroadresse der Klägerin.
Am 29. November 1995 wurde gegen den Geschäftsführer M das Steuerstrafverfahren eröffnet, in dessen Folge M inhaftiert wurde. Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle hatte die Klägerin im Streitjahr vier Verträge mit inländischen Bauunternehmen abgeschlossen und war dabei stets durch M und L vertreten worden. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) ging davon aus, dass die Klägerin im Streitjahr im Inland beschränkt steuerpflichtig gewesen sei und erließ, da die Klägerin trotz Aufforderung keine Steuererklärungen abgegeben hatte, unter dem 7. Juli 1997 Bescheide über Körperschaftsteuer und über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag, in denen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO) geschätzt wurden.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Juli 1997 Einspruch ein. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vertrat die Auffassung, dass die Klägerin im Inland nicht steuerpflichtig sei, da sie in Deutschland über keine Betriebsstätte verfüge, sondern lediglich für eine geringfügige Zeit Montagearbeiten ausgeführt habe. Unter dem 14. Oktober 1997 richtete das FA einen umfangreichen Fragenkatalog an die Klägerin, der der näheren Aufklärung einer von der Klägerin behaupteten Geschäftstätigkeit in Portugal dienen sollte. Der Prozessbevollmächtigte, der im Übrigen die Auffassung vertrat, dass die insoweit an die Klägerin gerichteten Fragen bereits hinreichend beantwortet seien, legte in der Folgezeit einen Mietvertrag in englischer Sprache vor, nach dessen Wortlaut die Klägerin unter dem 12. Mai 1995 ein Ladenlokal („Loja”) in B Portugal, angemietet hat. Der Mietvertrag ist seitens der Mietpartei durch die (späteren) Geschäftsführer M und L unterzeichnet. Weitere Nachweise auf eine Geschäftstätigkeit der Klägerin in Portugal wurden seitens des Prozessbevollmächtigten nicht vorgelegt. Das seitens des FA um Auskunft ersuchte Bundesamt für Finanzen (BfF) hat mit Schreiben vom 13. Februar 1996 mitgeteilt, dass die Klägerin ausweislich einer eingeholten Wirtschaftsauskunft sich in der Aufbauphase befinde und ihre Geschäftsaktivitäten bis jetzt noch nicht begonnen habe. Im portugiesischen Telefonverzeichnis (Region „…”) sei die Klägerin nicht verzeichnet. Mit Ei...