Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung von Besteuerungsgrundlagen, wenn keine ordnungsgemäße Buchführung vorliegt
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Streitfall steht die Schätzungsbefugnis des Beklagten außer Zweifel, da die Klägerin keine Steuererklärung (§§ 149 ff AO) abgegeben und über die von ihr im Jahr 2005 getätigten Umsätze überhaupt nicht Buch geführt hat.
2. Sie kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass ihr die erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Zum Einen betreffen diese Unterlagen nur einen Teilbereich der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin, zum Anderen muss sich die Klägerin ein Verschulden ihrer Angestellten oder Mitarbeiter zurechnen lassen und wird selbst nicht von der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen entbunden.
Normenkette
AO §§ 158, 162 Abs. 2 S. 2, § 149
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer für 2005.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Beratung, Betreuung, Vermittlung und Verwaltung externer und interner Geschäftsverbindungen.
In der für das Jahr 2004 abgegebenen Steuererklärung setzte die Klägerin steuerpflichtige Umsätze von 66.442 EUR an und errechnete eine negative Umsatzsteuer von 369,02 EUR. Da für das Jahr 2005 trotz mehrfacher Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben wurde, setzte das Finanzamt (FA) im Schätzungswege die Umsatzsteuer 2005 mit Bescheid vom 17. November 2008 auf 15.000 EUR fest. Dabei legte es steuerpflichtige Umsätze von 250.000 EUR zugrunde und nahm einen Vorsteuerabzug von 27.258 EUR vor. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos, entgegen ihrer Ankündigung legte die Klägerin die Steuererklärung für das Streitjahr nicht vor. Mit Entscheidung vom 18. September 2009 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihr die Erstellung und Abgabe von Steuererklärungen nicht möglich gewesen sei, da ihr die Herausgabe der dazu erforderlichen Unterlagen von ehemaligen Leitern eines Geschäftsbereich verweigert werde. Alle bisher dagegen unternommenen straf- und zivilrechtlichen Schritte seien bisher ergebnislos geblieben. Zu Unrecht werde ihr deswegen vom FA eine Verletzung der Mitwirkungspflicht vorgeworfen. Den Ergebnissen des Geschäftsjahres 2004 folgend erkläre sie eidesstattlich, dass im Jahr 2005 keine Umsätze erzielt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 18. September 2009 aufzuheben und die Umsatzsteuer für 2005 auf 0 EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg, die Schätzung der Umsatzsteuer für 2005 ist nicht zu beanstanden.
Nach § 158 der Abgabenordnung (AO) sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Nur wenn die Würdigung des Sachverhalts ergibt, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sachlich unrichtig ist, kann das Ergebnis der Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (Urteil des BFH vom 9. August 1991 III R 129/85, BFHE 165, 326, BStBl II 1992, 55).
Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, so sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen. Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen kann auch durch einen Zuschlag zu den Betriebseinnahmen erfolgen, um dadurch den Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die durch die punktuelle Feststellung von sachlichen Fehlern in den Unterlagen des Steuerpflichtigen eingetreten sind, sog. Sicherheitszuschlag. Entsprechendes gilt für einen durch Schätzung vorgenommenen Abschlag von den Vorsteuern im Zuge der Umsatzsteuerveranlagung.
Eine ordnungsmäßige Buchführung erfordert, dass sämtliche Geschäftsvorfälle nach der zeitlichen Reihenfolge und mit ihrem richtigen und erken...