rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Praxisveräußerung. Zweistufenmodell. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
Die zweistufige Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis ist als Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO anzusehen, wenn die Frist zwischen den beiden Vertragsabschlüssen nur sechs Monate und die tatsächliche Probezeit nur zweieinhalb Monate beträgt.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1; AO § 42
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufnahme eines Sozius in eine Freiberuflerpraxis nach dem sog. Zweistufenmodell rechtsmissbräuchlich war.
I.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger (Kl) (geb. …1943) betrieb bis zum 30.09.1998 als Arzt eine Einzelpraxis in A. Mit Vertrag vom 01.07.1998 (nachfolgend Gesellschaftsvertrag) gründete der Kl mit P eine nach § 1 dieses Vertrages am 01.10.1998 beginnende Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Mit unter dem gleichen Datum abgeschlossenem Vertrag (nachfolgend Eintrittsvertrag) übernahm P vom Kl einen Anteil von 5 % an der bisherigen Einzelpraxis. Mit weiterem Vertrag vom 23.12.1998 (nachfolgend Aufstockungsvertrag) stockte P durch zusätzliche Anteilsübernahme seinen Gesellschaftsanteil auf 50 % auf. Der Kaufpreis für die ersten 5 % betrug – ausgehend von einem einvernehmlich festgelegten Praxiswert von 500.000 DM (150.000 DM materieller Wert, 350.000 DM immaterieller Wert) – 25.000 DM und für die weiteren Anteile 225.000 DM. Die Kaufpreiszahlungen erfolgten am 08.10.1998 (25.000 DM) und am 20.12.1998 (225.000 DM). In seiner auf den 30.09.1998 aufgestellten Schlussbilanz der Einzelpraxis ermittelte der Kl einen laufenden Gewinn in Höhe von … DM und einen Veräußerungsgewinn für den Verkauf des 5 %-Anteils in Höhe von … DM. Ferner gab er einen Anteil am laufenden Gewinn aus der Gemeinschaftspraxis in Höhe von … DM und einen begünstigten Veräußerungsgewinn aus dem zweiten Anteilsverkauf in Höhe von … DM an.
Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) setzte zunächst mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 01.08.2000 die selbstständigen Einkünfte antragsgemäß an und behandelte den Gewinn aus dem zweiten Anteilsverkauf als begünstigt. Mit Änderungsbescheid vom 05.12.2000 stufte das FA den Veräußerungsgewinn in vollem Umfang als nicht begünstigt ein, setzte die Steuer auf … DM fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Den hiergegen nach Aktenlage fristgerecht eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14.10.2002 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die nach Aktenlage fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung machen die Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:
Am 01.07.1998 sei noch kein einheitlicher Wille zur Herstellung einer paritätischen Beteiligung vorhanden gewesen. Vielmehr sei dies zwar das Ziel gewesen. Die Erreichung dieses Zieles sei nach dem Willen der Vertragsparteien aber von weiteren Bedingungen abhängig gemacht worden, so insbesondere von einem Funktionieren der Zusammenarbeit während der Zeit der gemeinschaftlichen beruflichen Tätigkeit (01.10.1998 – 23.12.1998). So habe § 24 des Gesellschaftsvertrags für jede Vertragspartei ein Kündigungsrecht (Frist 14 Tage) zum 31.12.1998 ohne Angabe von Gründen vorgesehen. § 25 habe für diesen Fall eine Abfindungsregelung enthalten. Entsprechende Vereinbarungen habe der Eintrittsvertrag beinhaltet. Erst nach Ausbleiben einer solchen Kündigung habe P ein einseitiges Optionsrecht auf Übernahme einer paritätischen Beteiligung zugestanden. Die Probezeit habe mit ihrer Dauer von einem halben Jahr den erheblichen wirtschaftlichen Folgewirkungen eines einseitigen Kündigungsrechts Rechnung getragen und sei daher angemessen lang gewesen. P habe mit Beschluss vom 17.06.1998 die Kassenzulassung für A erhalten. Da zwei weitere offene Zulassungsstellen in A vorhanden gewesen seien und eine davon am 01.07.1998 besetzt worden sei, habe P das Interesse gehabt, sich frühzeitig in dieser Konkurrenzsituation zu etablieren. Bei Vereinbarung einer längeren Probezeit habe die Gefahr bestanden, dass P nach einem Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis als letzter auf den Markt kommt. Auch sei P dem Kl von einem verlässlichen Kollegen empfohlen worden und die Chemie zwischen dem Kl und P habe von Anfang an gestimmt. Zudem sei der Wert der Praxis am 01.07.1998 noch nicht endgültig festgelegt worden, sondern dessen Überprüfung bei Ausübung der Option vorgesehen gewesen. Nur durch den Eintritt des P verursachte Wertsteigerungen hätten bei der Wertberechnung außen vor bleiben sollen. Tatsächlich habe eine solche Wertüberprüfung anhand Kriterien wie Zulassung eines weiteren …arztes im Zulassungsgebiet, Veränderung der Abrechenbarkeit von kassen- oder privatärztlichen Leistungen und Veränderung des Gesundheitszustands des Kl stattgefunden. Die unter Beteiligun...