Entscheidungsstichwort (Thema)
Architekturstudium als Fortbildung. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für ein Architekturstudium eines als Bauleiter tätigen Steuerpflichtigen, sind dann als Fortbildungs- und nicht als Ausbildungskosten zu beurteilen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Studium lediglich betrieben wird, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 5 i.V. m. EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 33a Abs. 1
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 23.3.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird in der Weise geändert, dass die Einkommensteuer auf 7.248 DM herabgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 84 % und der Beklagte zu 16 %.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Streitig ist, inwieweit Werbungskosten und Unterhaltsleistungen in Abzug gebracht werden können.
Die Kläger (Kl) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Von Beruf ist der Kl Bauleiter. Im Streitjahr 1999 war er bei der Fa. N. (Planung, Bauabwicklung, Projektsteuerung usw.) in … Str. …, beschäftigt. Daneben studierte er an der Fachhochschule … Architektur (vgl. Bescheinigung der Fachhochschule über die Einschreibung des Kl für die Zeit vom 15.3.2000–30.9.2000 im 8. Semester, ESt-Akte 1999, Bl 55).
In der Einkommensteuererklärung 1999 machten die Kl Aufwendungen für Fahrten des Kl zwischen der Wohnung (…) und seiner Arbeitsstätte in Höhe von 1.288 DM (230 Tage × 8 km × 0,70 DM) als Werbungskosten geltend. Als Arbeitsstätte gaben sie hierbei das Büro der Arbeitgeberin in der … Str. … an. Außerdem wollte der Kl Aufwendungen für täglich durchgeführte Mittagsfahrten vom Büro (… Str. …) zu … in der L. Straße in Höhe von 483 DM (230 Tage × 3 km × 0,70 DM) sowie Verpflegungspauschalen für eine über zehnstündige Abwesenheit in Höhe von 2.300 DM (230 Tage × 10 DM) in Abzug bringen.
Ferner machten die Kl Aufwendungen für das Studium des Kl (insbesondere Aufwendungen für 36 Fahrten vom Arbeitsplatz zur Hochschule in Höhe von 1.497 DM sowie für „Kurierdienst Studentenwettbewerb Expo” in Höhe von 259,18 DM), für Bewerbungs- und Arbeitsmittel in Höhe von zusammen 3.723,24 DM (u. a. auch für Fachzeitschriften und Fachbücher) sowie für Unterhaltsgewährung an den in Portugal lebenden Vater der Klägerin (Klin) in Höhe von 8.000 DM geltend. Für die Unterhaltsaufwendungen legten sie 4 Barzahlungsquittungen über jeweils 2.000 DM (ESt-Akte 1999 Bl 10–13) vor. Diese sind ausweislich der Quittungen vom 5.1.1999, 25.4.1999, 30.8.1999 und 26.12.1999 vom Vater unterschrieben. Hierauf wird Bezug genommen.
Im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 23.3.2000 berücksichtigte der Beklagte (Finanzamt –FA–) bei den Einkünften des Kl aus nichtselbständiger Arbeit lediglich den Arbeitnehmerpauschbetrag (2.000 DM) als Werbungskosten. Begründet wurde dies damit, dass grundsätzlich nur die Aufwendungen für 220 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (220 × 8 km × 0,70 DM = 1.232 DM) sowie Arbeits- und Werbemittel in Höhe von pauschal 500 DM berücksichtigt werden könnten. Die geltend gemachten Studienaufwendungen wurden als Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 1.200 DM in Abzug gebracht. Die Unterhaltszahlungen wurden nicht berücksichtigt, weil die Zahlungen bzw. die Bedürftigkeit nicht in ausreichendem Maße nachgewiesen seien.
Im Einspruchsverfahren wurde vorgetragen, dass der Kl das Architekturstudium betreibe, um seine Kenntnisse und Fähigkeiten in seinem jetzigen Beruf als Bauleiter in einem Architekturbüro zu erhalten und zu erweitern sowie um sich den ständig ändernden und steigenden Berufsanforderungen anzupassen. An einem Abschluss des Studiums habe er kein Interesse. Da der überwiegende Teil der Vorlesungen während der Arbeitszeit stattfinde, sei dies auch gar nicht möglich. Er nehme deshalb lediglich an den Abendvorlesungen und an Computerkursen teil. Das Studium sei deshalb als Fortbildung zu qualifizieren.
Ferner legte der Kl eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 14.6.2000 (ESt-Akte 1999, Bl 29) vor, in der u. a. ausgeführt ist, dass der Kl eine Einsatzwechseltätigkeit ausübe. Haupteinsatzstelle sei das Büro (… Straße …), von wo aus die Baustellen angefahren würden Hierauf wird Bezug genommen. In diesem Zusammenhang beantragte der Kl (vgl. Anlage zum Schreiben vom 27.5.2000, ESt-Akte Bl 42), dass die Einsatzwechseltätigkeit mit 0,52 DM je gefahrenen Kilometer in Ansatz zu bringen sei. Die Bürozeit beginne um 8 Uhr und ende normalerweise um 17 Uhr. Einschließlich der jeweils halbstündigen An- und Abfahrt betrage die Abwesenheit somit mindestens 10 Stunden.
Mit Schreiben vom...