Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei Umwandlung eines Flachdachs in ein Satteldach
Leitsatz (redaktionell)
1. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB.
2. Im Einzelfall entscheiden die tatsächlichen Gegebenheiten, ob Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen vorliegen. Dies gilt auch in Bezug auf den Umbau eines Daches. So führt eine Verbesserung von erneuerten Teilen allein noch nicht zu Herstellungskosten. Sofern jedoch ein neuer Dachraum geschaffen wird und das Gebäude selbst durch die Erweiterung der Bausubstanz eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit erhält und eine erhebliche Wert- und Wesensveränderung erfährt, liegen regelmäßig Herstellungskosten vor.
3. Wird ein Flachdach durch ein Satteldach ersetzt, so liegen Herstellungskosten vor, wenn zwar kein ausbaufähiges Dachgeschoss geschaffen wurde, der entstandene Dachboden aber trotz statischer Unwägbarkeiten zumindest als Abstellraum genutzt werden kann.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 7; HGB § 255
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für die Umwandlung eines Flachdaches in ein Satteldach als Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind verheiratet und werden für die Streitjahre 2006 und 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind Eigentümer des im Jahr 1972 errichteten, nicht unterkellerten und von ihnen 1996 erworbenen Einfamilienhauses …. Sie erklärten hieraus in den Streitjahren Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Bei diesem Objekt wurde im Jahr 2006 ein undichtes Flachdach durch ein Satteldach ersetzt. In 2007 wurden weitere Sanierungsarbeiten und Wärmedämmmaßnahmen, die teilweise auch mit der Dachsanierung zusammenhingen, durchgeführt. Aus einer Aktennotiz des Bearbeiters des Landratsamtes … in der Bauplanmappe ergibt sich, dass eine spätere Nutzung des Dachgeschosses auf dem Hauptgebäude als Wohnraum genehmigt werden könnte. Eine Genehmigung zur Wohnnutzung wurde bisher aber weder beantragt noch erteilt.
Im Zuge der Dacherneuerung wurde ein Kniestock von 1,3 m errichtet. Die Dachneigung des Satteldachs beträgt 27°. Das Dachgeschoss ist bis heute noch nicht verputzt und ausgebaut. Ein Betreten ist derzeit nur durch eine Zugleiter in der Garage möglich. Vom Dachboden der Garage führt lediglich ein 90×100 cm großer Mauerdurchbruch in den Dachboden des Wohngebäudes. Das Dachgeschoss des Wohngebäudes besitzt an der Südwestseite ein Zwerchhaus, das aus zwei Fenstertüren besteht, sowie ein weiteres Fenster an der Südostseite. Durch die Errichtung einer Innen- bzw. Außentreppe könnte nach Auskunft des Landratsamts die nach der bayerischen Bauordnung erforderliche Anzahl von Rettungswegen geschaffen werden. Anfragen des Gerichts beim Landratsamt … bzw. beim Markt … ergaben, dass unüberwindbare bauplanungsrechtliche Hindernisse für eine Wohnnutzung des Dachgeschosses derzeit nicht bestehen.
Aus dem im Rahmen des Klageverfahrens erstellten schriftlichen Sachverständigengutachten ergibt sich, dass die Herstellung einer Innen- bzw. Außentreppe möglich ist. Die Anforderungen an die Standsicherheit von Decke, Dachstuhl und Mauerwerk im Dachgeschoss für eine Nutzung des Dachgeschosses als Wohn- und Aufenthaltsraum werden derzeit nicht erfüllt. Welche Lasten tatsächlich von der Holzbalkendecke aufgenommen werden könnten, ließe sich nach dem Gutachten nur über eine zerstörende Öffnung der Decke nachträglich berechnen. Nach Auffassung des Sachverständigen ist vor einer Wohnnutzung eine statische Ertüchtigung der Holzbalkendecke erforderlich. Den Aufwand hierfür schätzte der Sachverständige auf ca. 30.000 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 26. März 2012 sowie die Erläuterung in der Sitzungsniederschrift vom 10. Juli 2012 verwiesen.
In der Steuererklärung für 2006 machten die Kläger die für die Errichtung des Satteldachs angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte (Finanzamt) setzte die Einkommensteuer für 2006 mit Bescheid vom 17. Oktober 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in Höhe von 39.660 EUR fest und setzte dabei den erklärten Verlust aus der Vermietung des Objekts …von 41.602 EUR an. Gegen den Bescheid legten die Kläger aus anderen Gründen Einspruch ein.
Nach Durchführung einer Ortsbesichtigung durch die betriebsnahe Veranlagungsstelle wurde die Einkommensteuerfestsetzung für 2006 mit Bescheid vom 28. März 2008 geändert und der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Gleichzeitig wurden nun die für die Errichtung des Satteldachs auf dem Wohnhaus angefalle...