rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldzinsenabzug und Überentnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das FG hat bei seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des BFH-Urteils aus dem ersten Rechtsgang zugrunde zu legen, wenn sich im zweiten Rechtsgang keine abweichende Beurteilung der entscheidungserheblichen Tatsachen ergeben hat.

2. Nach der ständigen Rspr. des BFH tritt die Bindung des FG nicht nur hinsichtlich der Gründe ein, die zur Aufhebung des FG-Urteils geführt haben, sondern auch hinsichtlich der Gründe, die zur Zurückverweisung der Sache an das FG führen.

3. Etwaige Überentnahmen der Klägerin i. S. v. § 4 Abs. 4a EStG können auch dann den Abzug von an sich der betrieblichen Sphäre zuzuordnenden Schuldzinszahlungen beschränken, wenn es sich bei den Aufwendungen um nachträgliche Betriebsausgaben handelt.

4. Die innerhalb des § 4 Abs. 4a mehrfach verwendeten Begriffe, „Entnahmen”, „Gewinn”, „Einlagen” und „Wirtschaftsjahr” sind für den gesamten Bereich des § 4 grundsätzlich einheitlich zu verstehen.

5. Eine Überentnahme ist in einem Verlustjahr nicht höher anzusetzen als der Betrag, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (sog. Entnahmenüberschuss). Verluste dürfen sich in der Berechnung nicht entnahmeerhöhend auswirken.

6. Im jeweiligen Wirtschaftsjahr sind Einlagenüberschüsse dieses Jahres zunächst mit Verlusten dieses Jahres auszugleichen. Der jeweilige Differenzbetrag ist sodann mit den fortgeführten Vorjahreswerten zu verrechnen oder auf der Grundlage dieser Werte/Ansätze (formlos) fortzuschreiben.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 4, 4a, § 24 Nr. 2; FGO § 126 Abs. 5

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die bis zum 1. August 2016 entstandenen Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 53/100, der Beklagte zu 47/100. Die danach entstandenen Kosten des Verfahrens tragen die Kläger alleine.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

I.

Die Streitsache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Klägerin war als Aushilfe geringfügig beschäftigt. Zuvor, bis Anfang März 2006, hatte die Klägerin einen Einzelhandel betrieben und daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Ihren Gewinn ermittelte sie durch Betriebsvermögensvergleich.

Durch Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – […] (B-Stadt) vom […] 2006 […] wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Am […] 2006 zeigte der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit an und am […] 2006 wurde vom Insolvenzverwalter mit Zustimmung der Klägerin nach § 158 Insolvenzordnung (InsO) das Einzelunternehmen eingestellt. Zum […] 2008 erstellte der Insolvenzverwalter den Schlussbericht und zeigte an, dass die Masseunzulänglichkeit aufgehoben werden kann. Der Schlusstermin wurde zum […] 2008 durchgeführt; bei der Schlussverteilung im Jahr 2008 stand den gegen die Klägerin gerichteten Forderungen in Höhe von über 1,1 Mio. EUR nur eine Verteilungsmasse von 409,94 EUR gegenüber. Das Insolvenzverfahren wurde durch Gerichtsbeschluss vom […] 2009 aufgehoben. Mit Beschluss vom [… Sommer] 2012 erteilte das Amtsgericht – Insolvenzgericht – B-Stadt der Klägerin Restschuldbefreiung.

In der Einkommensteuererklärung 2007 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb nachträgliche Betriebsausgaben gem. § 24 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz i.d.F. des Streitjahres (EStG) in Höhe von 33.545 EUR geltend, die sich aus folgenden Einzelpositionen zusammensetzten:

EUR

Schuldzinsen für ein Darlehen der […] (A-Bank)

Nr. […] (Darlehen A-Bank)

7.587,17

Schuldzinsen für ein Darlehen der […] (B-Bank),

Nr. […] (Darlehen B-Bank 1)

5.992,82

Schuldzinsen für ein Darlehen der B-Bank, Nr. […]

(Darlehen B-Bank 2)

1.265,95

Schuldzinsen für ein Darlehen der […] C-Bank,

Nr. […] (Darlehen C-Bank)

1.149,60

Schuldzinsen für ein Darlehen der […] (D-Bank),

Nr. […] (Darlehen D-Bank 1)

16.035,25

Schuldzinsen für ein weiteres Darlehen der D-Bank,

Nr. […] (Darlehen D-Bank 2)

1.392,61

nicht näher spezifizierte „Beratungskosten” im Zusammenhang mit der Insolvenz der Klägerin in Höhe von

121,38

Summe

33.544,78

Den Schuldzinszahlungen lagen folgende Darlehensverträge zugrunde: Der Darlehensvertrag beider Kläger mit der A-Bank vom 12. Dezember 2000, die Darlehensverträge beider Kläger mit der B-Bank und zwar der Darlehensvertrag B-Bank 1 vom 2. Februar 2001 und der Darlehensvertrag B-Bank 2 vom 2. Februar 2001, sowie die drei nur vom Kläger abgeschlossenen Darlehensverträge und zwar Darlehensvertrag C-Bank vom 18. Juni 2005 über 40.000 EUR, Darlehensvertrag...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?