Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsmaßnahmen des FA
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vollstreckung ist im Streitfall nicht unbillig, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Steuerschulden in absehbarer Zeit durch freiwillige Leistungen oder durch andere – weniger belastende – Vollstreckungsmaßnahmen wesentlich zurückgeführt werden können.
2. Denn auch wenn die Kläger ohne Zweifel trotz ihres schlechten Gesundheitszustandes und fortgeschrittenen Alters große Anstrengungen unternehmen, um ihre Steuerrückstände zu begleichen, kann unter Berücksichtigung der Höhe der Raten nicht mit einer zügigen und kurzfristigen Rückführung der Steuerschulden gerechnet werden.
Normenkette
AO §§ 128, 222, 258
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) zu Recht den Antrag der Kläger auf Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs und einer Stundung abgelehnt hat.
Bei den Klägern handelt es sich um Eheleute, die unter einer gemeinsamen Steuernummer beim FA erfasst sind. Der Kläger zu 1 ist als Rechtsbeistand, die Klägerin zu 2 ist in der Schuldnerberatung unternehmerisch tätig. Sie sind seit längerem mit der Zahlung von Steuern im Rückstand, mit Stand vom 7. April 2009 betrugen die Steuerschulden insgesamt 49.252,92 EUR.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2009 benachrichtigten die Kläger das FA, dass sie aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes nur Teilzahlungen leisten könnten. Innerhalb von drei Monaten würden die Steuerrückstände jedoch beglichen werden. Bereits am 9. Dezember 2008 sei ein Betrag von 955 EUR und am 19. Januar 2009 ein Betrag von 1.233,16 EUR gezahlt worden. Am 5. und 16. Februar 2009 würden weitere Teilbeträge von 500 EUR überwiesen.
Mit Schreiben vom 19. März 2009 beantragten die Kläger die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs bis Ende Mai 2009, der vom FA am 7. April 2009 abgelehnt wurde. Das FA führte unter anderem aus, dass es aufgrund der nicht fristgerecht entrichteten Steuern, insbesondere der laufenden Vorauszahlungen, ständig zu einer Erhöhung der Gesamtsteuerrückstände komme und deswegen kein Raum für Billigkeitsmaßnahmen bestehe.
Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, dass sie zusätzliche Mandate angenommen hätten, um die Steuerrückstände abtragen zu können. Dies sei jedoch nur möglich, wenn ihnen nicht wegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des FA die Zulassung als Rechtsbeistand und Schuldnerberater entzogen würde. Mit Schreiben vom 24. April 2009 führten sie aus, dass weder ein Erlass noch die Stundung der Steuerrückstände, sondern nur ein kurzfristiges Abwarten in Form eines Vollstreckungsaufschubs bis Ende Mai 2009 beantragt werde. Im Mai 2009 wurden Abschlagszahlungen von 2.500 EUR, 5.838 EUR und 1.560 EUR geleistet.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 13. Oktober 2009 verwarf ihn das FA als unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger bestehe. Der beantragte Vollstreckungsaufschub sei zwischenzeitlich durch Zeitablauf beendet. Vollstreckungsmaßnahmen seien seit April 2009 nicht ergriffen worden.
Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger weiterhin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Vollstreckungsaufschub. Insbesondere sei die Höhe der geforderten Beträge unzutreffend. Das FA verkenne, dass zwischen dem Freistaat Bayern und den Klägern verschiedene Vergleiche, unter anderem am 19. Januar 2005, geschlossen worden seien. Obwohl der Kläger zu 1 seit 1. Juni 2005 Rentner sei, arbeite er trotzdem als Rechtsbeistand weiter, um die in dem Vergleich eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Trotz ihres sehr schlechten Gesundheitszustandes hätten sich die Kläger immer bemüht, Zahlungen an das FA zu leisten. Auch wegen verschiedener Krankheiten und erforderlicher Klinikaufenthalte habe sich der Zeitrahmen für den ursprünglich bis Ende Mai beantragten Vollstreckungsaufschub leider kurzfristig verschoben. Im Übrigen werde der Einwand der Verjährung bezüglich der geltend gemachten Ansprüche erhoben.
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass der Einspruch vom 24. April 2009 zu Unrecht als unzulässig verworfen wurde, dass mit Zahlung der letzten Rate am 12. März 2008 durch den Kläger zu 1 an das FA der Vergleich zwischen dem Freistaat Bayern vom 19. Januar 2005 erledigt sei, dass der Verwaltungsakt vom 7. April 2009 bezüglich der von den Klägern geforderten Beträge in Höhe von 49.252,92 EUR und 37.621,33 EUR unrichtig sei und dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Stundung bzw. eines Vollstreckungsaufschub am 7. April 2009 vorlagen und noch immer vorliegen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, dass bislang kein Vergleich mit dem Freistaat Bayern zustande gekommen sei. Dies habe auch das Bayerische Landesamt für Steuern mit Schreiben vom 30. Juli 2009 im Rahmen seiner Stellungnahme zu einer Fachaufsichtsbeschwerde der Kläger klargestellt. Im Übrigen handle es si...