rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
vGA bei teilweisem Verzicht auf Darlehensforderungen gegenüber (ehemaligen) Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1. Sofern die Leistungen einer Kapitalgesellschaft auf einem „rechtzeitig geschlossenen” Vertrag beruhen, ist für die Frage der Annahme einer vGA grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen.
2. Auch ein früherer Gesellschafter kann daher aufgrund seiner damaligen Rechtsstellung als Gesellschafter noch Empfänger einer vGA sein.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 4 Abs. 1; BGB § 397 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 12.09.2018; Aktenzeichen I B 43/17) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Verzicht der Klägerin auf Darlehensforderungen gegenüber ihren (ehemaligen) Gesellschaftern eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in M. Sie wurde mit Vertrag vom 25. Juli 2002 unter dem Namen ccc GmbH mit einem Stammkapital von 30.000 EUR gegründet und am 2. September 2002 im Handelsregister M eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war M. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Personal- und Investitionsberatung. Am 27. November 2002 wurde das Stammkapital auf 37.550 EUR erhöht und neue Gesellschafter, unter anderem R aufgenommen. Bis zum 17. Dezember 2009 waren M mit einem Anteil von 86,53 % (58.450 EUR) und R mit einem Anteil von 13,47 % (9.100 EUR) an der Klägerin beteiligt. Mit notarieller Urkunde vom 17. Dezember 2009 veräußerte R seine Anteile an M. Mit Gesellschafterbeschluss vom 24. Januar 2011 erfolgte die Änderung der Firma der Klägerin in mmm GmbH.
M begann am 25. Juli 2002 mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer, vgl. Geschäftsführervertrag vom 30. November 2003. Laut § 2 Abs. 1 des Vertrages sollte er ein festes Jahresgehalt von 122.412 EUR erhalten, das in monatlich gleichen Teilbeträgen am jeweiligen Monatsende ausgezahlt werden sollte. Mit Gesellschafterbeschluss vom 30. Januar 2003 verzichteten M und R aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft bis auf weiteres auf ihre Gehaltszahlungen. Als Kompensation sollten sie eine Bonuszahlung erhalten, wenn und soweit der Verlustvortrag der Gesellschaft durch zukünftige Gewinne ausgeglichen wird. Die Höhe der Bonuszahlung richtete sich nach der Höhe der Jahresgesamtbezüge, durfte jedoch insgesamt den Betrag von 70.000 EUR nicht überschreiten. Der Betrag von 70.000 EUR sollte in Höhe von 50.000 EUR auf M und in Höhe von 20.000 EUR auf R entfallen.
Im Zeitraum 2003 bis 2011 erfolgten folgende Zahlungen an M (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Dezember 2016):
1. Januar 2003 bis 1. November 2003 |
43.999,98 EUR |
1. Dezember 2003 bis 1. Januar 2005 |
65.201,00 EUR |
1. April 2005 bis 1. Februar 2008 |
10.201,00 EUR |
1. März 2008 bis 1. Oktober 2008 |
7.650,75 EUR |
1. November 2008 bis 1. Dezember 2009 |
10.201,00 EUR |
1. Januar 2010 bis 1. Dezember 2012 |
25.201,00 EUR |
Im Zeitraum 2003 bis 29. Januar 2009 erfolgten folgende Zahlungen an R (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Dezember 2016):
2003 |
42.493,98 EUR |
1. Januar 2004 bis 1. Juni 2006 |
4.000,00 EUR |
1. Juli 2006 bis 1. Oktober 2008 |
8.333,33 EUR |
Bonus 1. Juli 2007 |
20.000,00 EUR |
Die Klägerin hatte mit R in den Jahren 2004 bis 2006 insgesamt 26 Darlehensverträge über jeweils 3.000 EUR bis 5.000 EUR in Gesamthöhe von 84.000 EUR (Stand 6. April 2004) abgeschlossen. Die Parteien vereinbarten jeweils eine unbefristete Laufzeit und einen jährlichen Zinssatz von 6 %. Mit M hatte die Klägerin in den Jahren 2002 bis 2005 insgesamt 8 Darlehensverträge über eine Darlehenssumme von insgesamt 279.845,08 EUR (Stand 12. August 2005) abgeschlossen. Die Vereinbarungen entsprechen den mit R vereinbarten Konditionen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darlehensverträge verwiesen, vgl. Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29. Februar 2016.
In den Bilanzen zum 31. Dezember 2009 und 2010 wurden die Forderungen gegen die Gesellschafter wie folgt ausgewiesen:
Konto 1551 |
Darlehen R |
Stand 31. 12. 2009 |
16.872,13 EUR |
Konto 1552 |
Zinsen Darlehen R |
Stand 31. 12. 2009 |
21.880,33 EUR |
Konto 1553 |
Darlehen M |
Stand 31. 12. 2009 |
119.760,43 EUR |
Konto 1552 |
Zinsen Darlehen M |
Stand 31. 12. 2009 |
42.881,45 EUR |
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Konto 1551 |
Darlehen R |
Stand 31. 12. 2010 |
32.639,89 EUR |
Konto 1552 |
Zinsen Darlehen R |
Stand 31. 12. 2010 |
23.809,59 EUR |
Konto 1553 |
Darlehen M |
Stand 31. 12. 2010 |
119.760,43 EUR |
Konto 1552 |
Zinsen Darlehen M |
Stand 31. 12. 2010 |
47.671,87 EUR |
Mit Vereinbarung jeweils vom 31. Januar 2011 verzichtete die Klägerin gegenüber M in Höhe von 62.189,81 EUR hinsichtlich der Darlehensforderungen und in Höhe der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Zinsforderungen von 25.908,98 EUR (Stand 1. Januar 2011) und gegenüber R in Höhe von 18.894,17 EUR hinsichtlich der Darlehensforderungen und in Höhe von 23.809,59 EUR hinsichtlich der Zinsen, d.h. insg...