Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldwerter Vorteil bei der Gewährung von vergünstigten Versicherungstarifen an selbstständige Versicherungsvermittler. Beschränkung von § 8 Abs. 3 EStG auf Arbeitnehmer nicht verfassungswidrig
Leitsatz (redaktionell)
1. Schließt ein selbständig tätiger Versicherungsvermittler für sich selbst Sach- und Lebensversicherungen bei dem Versicherungsunternehmer, für das er tätig ist, ab und kann er dabei die für Angestellte und freie Versicherungsmitarbeiter geltenden Vorzugskonditionen „Haustarife”) in Anspruch nehmen, so erhöht die volle Prämiendifferenz zwischen den dem Kläger jeweils eingeräumten Haustarifen und den jeweils günstigsten den Kunden der Versicherung für vergleichbare Versicherungen angebotenen Tarifen den betrieblichen Gewinn des Versicherungsvermittlers.
2. Für die Frage, ob nach § 8 Abs. 2 EStG ein geldwerter Vorteil vorliegt, ist allein auf das konkrete Angebot der „eigenen” Versicherung abzustellen; insoweit ist unerheblich, ob der Vermittler den gleichen Versicherungsschutz möglicherweise preiswerter bei anderen Versicherungsunternehmen bekommen hätte.
3. Da § 8 Abs. 3 EStG im Streitfall nicht zur Anwendung kommt, ist weder der Bewertungsabschlag von 4 % vorzunehmen noch der Freibetrag zu gewähren; die Vorschrift gilt nur für die Arbeitnehmer-Rabatte und nicht z.B. für den selbstständigen Handelsvertreter.
4. Sie verstößt deswegen nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2-3, § 4 Abs. 1; GewStG § 7; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig sind das Vorliegen eines geldwerten Vorteils bei der Gewährung von vergünstigten Versicherungstarifen sowie die Anwendung des Bewertungsabschlags und des Freibetrags nach § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf selbständige Versicherungsvertreter.
Der Kläger ist als selbständiger Versicherungsvertreter für die Versicherung tätig. Anlässlich einer Mitteilung des Finanzamtes vom 07.12.2004 wurde dem Finanzamt (FA) bekannt, dass der Kläger vergünstigte Tarife bei Sach- und Lebensversicherungen erhalten hatte, die nur den Angestellten und den freien Versicherungsvertretern der Versicherung gewährt wurden. Der Kläger hatte auf Antrag für eigene Lebens- und Sachversicherungen statt einer Provision den Haustarif erhalten. In dem aufgrund der Betriebsprüfung gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid 1998 vom 22.12.2004 wurde der geldwerte Vorteil gewinnerhöhend mit 2.632 DM bewertet. Dies entspricht der Differenz zwischen Haus- und günstigstem Kundentarif. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens führte der Kläger im Wesentlichen an, dass der Vorteil aus dem Haustarif keine steuerpflichtige Einnahme, sondern eine Minderung der als Sonderausgaben abzugsfähigen Versicherungsbeiträge darstelle. Mit Einspruchsentscheidung vom 23.05.2005 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger den Gewinn wegen der Gewährung der Haustarife nicht zu erhöhen, hilfsweise den Bewertungsabschlag und den Freibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG zu gewähren. Die Arbeitnehmer hätten sowohl den Freibetrag als auch den Bewertungsabschlag erhalten. Es sei kein geldwerter Vorteil gegeben, da die Haustarife aus eigenbetrieblichen Interessen der Versicherung geschaffen worden seien, um zu verhindern, dass Mitarbeiter gleichartige Produkte zu geringeren Kosten bei der Konkurrenz abschließen, was imageschädigend für die Versicherung gewesen wäre. Aus dem Urteil des BFH vom 30.05.2001 (VI R 123/00 BStBl II 2002, 230) ergäbe sich, dass sich der geldwerte Vorteil aus Haustarifen immer nach den eigenen Endpreisen richte, d.h. unabhängig davon sei, ob der Begünstigte ein eigener Arbeitnehmer (Fall des § 8 Abs. 3 EStG) oder ein Angestellter eines Schwesterunternehmens bzw. ein freier Mitarbeiter sei (Fälle des § 8 Abs. 2 EStG). Dadurch käme es zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung bei der Besteuerung, weil Freibetrag und Bewertungsabschlag nur den eigenen Arbeitnehmern gewährt würde, nicht aber den Angestellten fremder Unternehmen oder selbständigen Vermittlern. Das Urteil sei auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil es in der Entscheidung nicht um selbständige Vermittler, sondern um Angestellte von Konzernschwestergesellschaften ginge. Darüber hinaus habe der BFH seine Entscheidung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründet. Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung könnten jedoch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung durch Nichtgewährung von Freibetrag und Bewertungsabschlag nicht rechtfertigen. Insbesondere handle es sich im Streitfall um selbständige Vermittler, so dass es keine Arbeitgeber gäbe, die vor einem zu hohen Ermittlungsaufwand geschützt werden müssten. Die Nachweispflicht li...