Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für erstmalige Berufsausbildung als vorweggenommene Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung (hier: Ausbildung zum Berufspiloten) sind in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht (vgl. BFH v. 28.7.2011 VI R 38/10 und v. 15.9.2011 VI R 22/09).
Normenkette
EStG 2002 § 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 9 Abs. 1 S. 1, § 10d Abs. 4 Fassung: 2004-07-21
Tenor
1. Unter Änderung der angefochtenen Entscheidungen wird der vortragsfähige Verlust zum 31. Dezember 2004 auf … EUR und zum 31. Dezember 2005 auf …. EUR festgestellt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Kapitalvermögen. Im Jahr 2004 lagen diese unter dem Sparerfreibetrag. Im Jahr 2005 betrugen sie nach Abzug des Sparerfreibetrags und der Werbungskostenpauschale … EUR.
Der Kläger befand sich ab dem … 2004 bei der zum Lufthansa-Konzern gehörenden Lufthansa Flight Training GmbH (Ausbildungsbetrieb) in einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer. Auf Grund des Schulungsvertrags vom … 2004 war er dazu verpflichtet, an allen Schulungsveranstaltungen sowie allen amtlichen und internen Prüfungen teilzunehmen. Er musste auf eigene Rechnung eine Krankenversicherung abschließen und bei Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Die Schulungskosten trug überwiegend die Lufthansa AG. Der Kläger hatte einen Eigenanteil von … EUR zu leisten, der 12 Monate nach Beginn der Schulung fällig wurde. Hätte das Schulungsverhältnis aus einem vom Kläger zu vertretenden Grund vorzeitig geendet, hätte der Kläger die entstandenen Schulungskosten nach Schulungsstand bis zur Höhe des Eigenanteils tragen müssen. Außerdem sah der Schulungsvertrag vor, dass dem Kläger nach erfolgreicher Schulung entweder bei der Lufthansa oder einer unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fallenden Gesellschaft ein Arbeitsplatz angeboten werden solle. Mit Vertrag vom … 2004 gewährte die Lufthansa AG dem Kläger ein Darlehen in Höhe seines Eigenanteils und überwies den Darlehensbetrag am … 2005 vereinbarungsgemäß direkt an den Ausbildungsbetrieb. Das Darlehen war für die Dauer der Schulung und bis zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses im Konzern zins- und tilgungsfrei, ab dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses im Lufthansa-Konzern war es zu verzinsen und zu tilgen. Mit Vertrag vom …. 2006 wurde der Kläger bei der Lufthansa Cityline GmbH befristet für ein Jahr als Flugzeugführer eingestellt.
Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen 2004 und 2005 Aufwendungen im Zusammenhang mit seiner Ausbildung in Höhe von … als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend und beantragte jeweils die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags.
Mit Bescheiden vom … setzte das damals zuständige Finanzamt … die Einkommensteuer 2004 und 2005 jeweils auf 0 EUR fest. Dabei berücksichtigte es abweichend von den eingereichten Erklärungen die geltend gemachten Aufwendungen i. H. v. jeweils 4.000 EUR als Berufsausbildungskosten bei den Sonderausgaben.
Die Anträge des Klägers auf gesonderte Feststellung des Verlustes nach § 10 d Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 lehnte das Finanzamt … mit Bescheiden vom … ab, weil laut Einkommensteuerbescheiden keine negativen Einkünfte vorlägen.
Die vom Kläger gegen die Ablehnungsbescheide eingelegten Einsprüche ruhten wegen eines beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahrens. Mit Schreiben vom … 2011 beantragte der Kläger unter Hinweis auf aktuelle Rechtsprechung des BFH die Verfahren wieder aufzunehmen und den Einsprüchen stattzugeben. Nachdem das nunmehr zuständige Finanzamt … (Finanzamt) dem Kläger mitgeteilt hatte, mangels einer Veröffentlichung im Bundesteuerblatt könne die Rechtsprechung des BFH noch nicht angewandt werden, erhob der Kläger am … 2011 Untätigkeitsklage.
Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom … 2011 wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet ab, weil die erstmalige Berufsausbildung des Klägers nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt sei und daher ein Werbungskostenabzug nicht möglich sei.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, der BFH habe sich in seiner Entscheidung vom 28. Juli 2011 VI R 38/10 (BFH/NV 2011, 1782) eindeutig für eine Absetzbarkeit der Ausbildungskosten als Werbungskosten ausgesprochen. Untätigkeitsklage sei geboten gewesen, weil das Finanzamt wiederholt mitgetei...